Hintergründe

Erdoğan könnte Recht haben: Türkei-Putsch von NATO-Terrortruppe GLADIO organisiert?

Erdoğan könnte Recht haben: Türkei-Putsch von NATO-Terrortruppe GLADIO organisiert?

Man mag ihn hassen und als Buhmann aufbauen, aber der türkische Präsident Erdoğan hält den Europäern den Spiegel vor: Ihr werft mir vor, den Notstand auszurufen? Ich mache doch nur das Gleiche wie Frankreich. Ihr schreit auf, weil ich die Todesstrafe wieder einführen will? Ich tue nur, was euer großer Verbündeter, die USA, auch tut. Ihr glaubt mir nicht, dass »Gladio«, das geheime Untergrundnetzwerk der NATO, hinter dem Putschversuch am 15. Juli stand? Schaut doch in eure eigene Geschichte! Dummerweise hat er recht.

War der Putschversuch vom 15. Juli eine Aktion von »Gladio«, dem geheimen Untergrundnetzwerk der NATO? Nach diversen türkischen Medienberichten und auch nach Informationen, die ich selbst von Kontaktleuten erhalten habe, gibt es in der Türkei eine nach wie vor aktive Gladio-Struktur der NATO, die vor allem von den Briten und US-Amerikanern genutzt wird, um Einfluss auf das politische Geschehen in der Türkei zu nehmen.

Der türkische Journalist Özcan Tikit schreibt auf der Webseite Haberturk:
»Wenn erneut ein Vertrauensverhältnis mit den westlichen Institutionen geschaffen werden soll, muss Gladio in der Türkei aus dem Weg geräumt werden.«

Die regierungskritische investigative Webseite Odatv stuft den Putschversuch ebenfalls als Gladio-Werk ein, zu dem die Gülen-Bewegung gehöre. Dieses NATO-Netzwerk sei verantwortlich für zahlreiche politische Morde, die in den vergangenen Jahrzehnten in der Türkei verübt wurden. Der Chef der türkischen Heimatpartei, Doğu Perinçek, sieht Grund zum Jubel: In der Putschnacht sei die US-amerikanische Gladio-Struktur, die seit 70 Jahren in der Türkei aktiv sei, zerschmettert worden, sagte er gegenüber Ulusal Kanal.

Erdoğan könnte Recht haben: Türkei-Putsch von NATO-Terrortruppe GLADIO organisiert?
Buchtipp zum Thema: NATO Geheimarmeen in Europa von Daniele Ganser

Erdoğan löse sich vom transatlantischen Lager und die Türkei hinterfrage ihre NATO-Mitgliedschaft – ich habe darüber vor wenigen Tagen hier berichtet. In der Vergangenheit habe sich Erdoğan den US-Interessen gefügt. Doch als die Loslösung Erdoğans begann, sei er das Ziel der USA geworden, meint Perinçek.

Die Zeitung Milliyet vermutet, dass die USA die Türkei wirtschaftlich kontrollieren wollen. Das Gladio-Konzept und der Neoliberalismus gingen Hand in Hand und seien beide eine Gefahr für die Nationen.

Soll Gladio Europa zerstören?

Brisant ist die Aussage des ehemaligen Chefs des türkischen Polizeigeheimdienstes, Bülent Orakoğlu. Er sagte gegenüber den Deutschen Wirtschafts Nachrichten, dass Gladio auch und vor allem in Europa aktiv sei.

»Zwischen den USA und der EU tobt ein wichtiger Wirtschaftskrieg. Die Entscheidung der Briten hat die EU an den Rand eines Zusammenbruchs gebracht. Die Anschläge in Frankreich stehen im direkten Zusammenhang mit der EU-Frage. Es gibt eine Kraft, die die EU auflösen will. Diese Kraft ist eine neue Form von Gladio, die ihre Operationen unter der Bevölkerung ausübt. Ich bin der Auffassung, dass es in Europa eine Gladio-Struktur gibt, die auf die Auflösung der EU hinarbeitet.«

Gladio – die NATO-Terror-Truppe

Während des Kalten Krieges schufen die USA in Europa Geheimarmeen. Diese sollten bei einer Invasion durch die Sowjets aktiv werden, um den Widerstand zu organisieren – daher auch ihr Name »Stay behind« (dahinter und im Hintergrund bleiben). Diese NATO-Geheimarmeen, die zum Gladio-Netzwerk gehörten, verübten in mehreren europäischen Staaten Terroranschläge und organisierten »Operationen unter falscher Flagge«, um die politische Landschaft gemäß den Interessen der USA zu formen.

So geht beispielsweise der Bombenanschlag auf den Bahnhof von Bologna vom 2. August 1980, der 85 Todesopfer und mehr als 200 Verletzte forderte, auf das Konto von Gladio. Ein Untersuchungsausschuss des italienischen Parlaments stellte fest:

»Diese Massaker wurden organisiert oder unterstützt von Personen in Institutionen des italienischen Staates und von Männern, die mit dem amerikanischen Geheimdienst in Verbindung standen.«

Im Interview mit Telepolis am 5. Januar 2015 erläuterte der Schweizer Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser, dessen Buch NATO-Geheimarmeen in Europa für internationale Furore sorgte, dass Gladio vermutlich auch hinter dem Oktoberfestattentat steckte.

Der Terroranschlag am 26. September 1980 am Haupteingang des Oktoberfests in München hatte 13 Menschen getötet und 211 verletzt, 68 davon schwer. Der Anschlag gilt als schwerster Terrorakt der deutschen Nachkriegsgeschichte. Daniele Ganser:

»In Deutschland wurde 1990 von der Regierung Kohl die Existenz einer Stay-behind-Geheimarmee bestätigt. Das ist ein Fakt. Doch als man in den 1980er-Jahren das Oktoberfestattentat untersuchte, war die Existenz von Stay-behind noch nicht bekannt. Daher konnte man das damals auch nicht untersuchen, oder zumindest lag diese Piste sehr im Dunklen. Heute sind wir in einer besseren Situation. Man kann gezielt untersuchen, ob die Geheimarmee in den Anschlag involviert war, ob zum Beispiel Sprengstoff aus Stay-behind-Waffenlagern verwendet wurde oder ob der verstorbene Heinz Lembke ein Mitglied der Stay-behind-Geheimarmee war. Kurz nach dem Anschlag hatten ja Mitglieder der Deutschen Aktionsgruppen erklärt, Lembke habe sie immer wieder mit Waffen und Sprengstoff versorgt. Man müsste unbedingt den Sprengstoff, den man bei Lembke gefunden hat, mit jenem vom Oktoberfest vergleichen.«

Ganser nannte in jenem höchst aufschlussreichen Interview noch ein weiteres Beispiel für die Arbeit von Gladio: die Ukraine.

»Dort hat es am 20. Februar 2014 auf dem Maidan in Kiew ein Massaker durch Scharfschützen gegeben. Das Massaker führte zum Sturz von Janukowytsch und danach zum Ausbruch des Krieges in der Ukraine. Ein Politologe in Kanada, Ivan Katchanovski, hat nun zu diesem 20. Februar geforscht und herausgefunden, dass vermutlich nicht Janukowytsch, sondern Verbündete der jetzigen Regierung hinter dem Anschlag stehen. Wenn das so stimmt, und das wäre ungeheuerlich, dann hätten wir hier ein sehr aktuelles Beispiel von False Flag Strategy of Tension, also genau dieser Technik, welche ich in meinem Buch zu den NATO-Geheimarmeen für den Kalten Krieg beschrieben habe.«

Dass also Gladio-Strukturen hinter dem Putschversuch am 15. Juli, wenn es denn tatsächlich einer war, standen, klingt höchst plausibel. Und dass Erdoğan nun gegen dieses Netzwerk vorgeht, ist verständlich.

Wir in Deutschland sollten uns nicht allzu bequem zurücklehnen: Es würde sich lohnen, die Anschläge der letzten Wochen einmal unter dem Gesichtspunkt der False Flag Strategy of Tension, also der »Falscher-Flagge-Strategie der Spannung« zu betrachten.

Leider sind wir dabei auf die spärlichen Informationen der alternativen Medien im Internet angewiesen, weil Behörden und Mainstream-Medien eine Mauer des Schweigens errichtet haben. Aber wir bleiben dran.

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