Deutschland

Neue Studie: 2,7 Millionen Kinder und Jugendliche leben in Deutschland unterhalb der Armutsgrenze

Neue Studie: 2,7 Millionen Kinder und Jugendliche leben in Deutschland unterhalb der Armutsgrenze

Die Kinderarmut in Deutschland erreicht unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen neuen Höchststand. Laut einer aktuellen Studie ist der Anteil von Kindern an der Armutsstatistik erneut spürbar gewachsen. Mehr als zweieinhalb Millionen Kinder leben unterhalb der Armutsgrenze.

Dass es auch in einem wirtschaftlich gut gestellten Land wie Deutschland Armut gibt, zeigen immer wieder die Armutsberichte und Studien. Sie widersprechen damit der Aussage der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die bei der Generaldebatte im Bundestag dazu aufforderte, den Blick auf das Positive zu wenden, auf die Errungenschaften der schwarz-roten Koalition, darauf, dass es den Menschen in Deutschland gut geht.

Kinder- und Altersarmut weiter gestiegen

Doch auch mehr als ein halbes Jahr später zeigen die Zahlen, dass bei der Sozial- und Finanzpolitik deutlicher Nachbesserungsbedarf besteht. Laut einer aktuellen Studie sind vor allem Alleinerziehende, Familien mit vielen Kindern und Alte von Armut betroffen.

Demnach lebten im Jahr 2016 um die 2,7 Millionen Kinder und Jugendliche unterhalb der Armutsgrenze, ihr Anteil erhöhte sich damit von 19,7 auf 20,3 Prozent. Auch der im Jahr 2009 begonnene Anstieg der Altersarmut hat sich den Forschern zufolge fortgesetzt. Bei Menschen über 65 Jahren erhöhte sich der Anteil von 12,6 auf 12,7 Prozent.

Diese Zahlen gehen aus der am Donnerstag veröffentlichten Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor. Grund für den Anstieg ist den Forschern zufolge auch, dass Kinder von “Flüchtlingen” eher von Armut betroffen sind und sich dies in der Sozialstatistik bemerkbar macht. 82 Prozent der eingewanderten Syrer und 70 Prozent der Iraker leben angeblich unter der Armutsgrenze, eingewanderten Eltern fehlt oft die Möglichkeit, ausreichende Löhne zu erwirtschaften. Dieser Umstand ist auf mangelnde Bildung und unzureichende Qualifikationen zurückzuführen. Sogenannte “Flüchtlinge” können oftmals nicht mal Lesen und Schreiben, geschweige denn einen Berufs- oder Hochschulabschluss nachweisen.

Kinderarmut trotz Rekordbeschäftigung

Während die Armutsquote von Kindern ohne ausländische Wurzeln leicht gesunken sei, betonen die Wissenschaftler, dass auch in Deutschland geborene Kinder mehr Unterstützung benötigen. Schließlich hat sich trotz Rekordbeschäftigung das Armutsrisiko der einheimischen Kinder nur wenig verringert“, so der Sozialforscher des WSI, Eric Seils.

Als arm gelten Haushalte, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens beträgt, für eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren liegt diese Schwelle bei einem verfügbaren Nettoeinkommen von weniger als 1.978 Euro im Monat. Doch selbst Familien, die Unterstützung bitter benötigen würden, um nicht ständig in Verzicht zu leben, beantragen nicht immer Sozialhilfe.

Und arm bleibt oft auch arm- wer bildungsfern geboren wird, dem fällt es in Deutschland schwer, den Ausstieg aus dem Milieu zu schaffen, denn soziale Herkunft, Bildung und Aufstieg sind weiterhin eng miteinander verknüpft. Die deutsche Hauptstadt hat den höchsten Anteil an Kinderarmut in Deutschland. In Berlin liegt die Armutsrisikoquote relativ konstant bei 30 Prozent, jedes dritte Kind lebt von Sozialleistungen.

Struktureller Missstand der Kindern und Gesellschaft Zukunft raubt

Die Tatsache, dass trotz guter konjunktureller Rahmendaten die Kinderarmut in Deutschland auf einem skandalös hohen Niveau verharrt, macht deutlich, dass wir ein strukturelles Problem haben, dem Politik und Gesellschaft mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und Kompetenzen entgegentreten müssen. Mit jedem Monat Untätigkeit werden armen Kindern weitere Bildungs- und Entwicklungschancen geraubt, und damit auch ein Stück Zukunft für sie und unsere Gesellschaft“, sagte Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, bereits im vergangenen September anlässlich der Veröffentlichung einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zur Kinderarmut.

Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert von der Bundesregierung, endlich eine umfassende Strategie gegen die Kinderarmut in Deutschland auf den Weg zu bringen. Nach Ansicht des Verbandes sind dazu eine Vielzahl an Reformen, insbesondere der Sozialgesetze notwendig, um die Lebenssituation dieser Kinder und Jugendlichen zu verbessern.

Sie machen darauf aufmerksam, dass der für Kinder festgelegte Regelsatz zu gering angesetzt ist. Auch die Familienförderung müsse sozial gerechter und transparenter ausgestaltet werden, da derzeit Kinder gutverdienender Eltern bevorzugt würden. Außerdem seien Antrags- und Verrechnungsregelungen für verschiedene Leistungen, die den Familien zustehen, viel zu komplex, als dass von Existenznot bedrängte Eltern und Alleinerziehende sich damit hinreichend auseinandersetzen können.

Zudem weisen sie darauf hin, dass Kinder und Jugendliche arm sind, weil ihre Eltern arm sind. Das heißt, dass die Existenzsicherung der Eltern durch faire Arbeitsverhältnisse gewährleistet sein muss. Auch Eric Sells, der an der aktuellen Studie des WSI mitarbeitete, verwies darauf, dassMaßnahmen gegen weit verbreitete Niedriglöhne auch Kindern prekär Beschäftigter zugute kämen.

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