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Refugium: Europa ist die neue Terror-Hochburg für Tausende kampferprobte IS-Kopfabschneider

Refugium: Europa ist die neue Terror-Hochburg für Tausende kampferprobte IS-Kopfabschneider

Wohin gehen Tausende aus Nahost vertriebene Terroristen? Die EU-Spitzen machen sich darüber keinen Kopf. Sie sind damit ausgelastet, Russland als Feindbild zu bemühen. Und übersehen, wie Europa zur Plattform der Terror-Internationale wird. 40.000 ausgebildete Terror-Kämpfer sind heute schon auf europäischem Boden. In den ersten vier Monaten dieses Jahres kamen über 25 Prozent mehr Flüchtlinge aus Nordafrika in Italien an als 2016. Insofern ist die Verlegung von weiteren 60.000 Mann aus dem Terroristen-Kontingent nach Europa abzusehen. Das alles sind kampferprobte Leute.

von Andrej Baklanow

Um fünf bis sieben Prozent nimmt die Zahl der Terrorzellen in der Welt jährlich zu. Trotzdem sind die EU-Spitzen nach wie vor nicht bereit, die Marschrichtung ihrer Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu ändern – sprich: die Anti-Russland-Schablonen der Nato beiseitezulegen und endlich echte Gefahren anzugehen, auf der Grundlage einer breitaufgestellten Anti-Terror-Allianz mit Russlands Beteiligung.

Über die Lage in den Brandherden von Nahost und Nordafrika sind die EU-Kollegen tiefgreifend informiert. Dies haben sie jüngst bei einer Expertenrunde unter der Obhut des Russlandrates für internationale Angelegenheiten in Moskau gezeigt. Dabei haben russische Fachleute mit ihren Kollegen vom European Council on Foreign Relations (ECFR), einer Denkfabrik mit Hauptsitz in London, Fragen der Sicherheit und künftiger Kooperationsmöglichkeiten erörtert.

Dabei ist unter anderem eines deutlich geworden: Die europäischen Kollegen unterschätzen definitiv die Gefahr, die von den Terroristen im Nahen Osten und Nordafrika für die Völkergemeinschaft ausgeht. Vor allem unterschätzen sie die Wucht der Bedrohung durch den „Islamischen Staat“, die auf Europa zurollt.

In dieses Bild passt auch, dass im jüngsten Bericht des ECFR über die Zukunft Libyens und des Iraks nach der Vertreibung des IS eine Zusammenarbeit mit Moskau im Anti-Terror-Kampf praktisch keine Erwähnung findet. Mehr noch: Auch mit Hinblick auf die Terrorbedrohung auf europäischem Boden wird die Lage in ruhigem, fast schon zuversichtlichem Ton dargelegt. Dass die Zahl der Terrorzellen weltweit zunimmt, hat in dieser Betrachtung offensichtlich keinen Platz.

Eine Ursache für die Ausbreitung des Terrornetzwerks ist die Spaltung des internationalen Terrorismus in zwei Lager: Die Verfechter des Kalifats auf der einen, die Anhänger eines dezentralen Terrors auf der anderen Seite.

Die Fürsprecher des Kalifats sehen das Ziel des internationalen Terrorismus in der Gründung eines islamischen Staates mit einem dicht kontrollierten Gebiet. Dieser Staat würde wie ein Magnet Terrorkämpfer aus aller Welt anziehen. Die Umsetzung dieser Strategie in die Praxis hat eben den „Islamischen Staat“ hervorgebracht.

Inzwischen gewinnen in der internationalen Terrorgemeinschaft jedoch die Befürworter der Strategie eines dezentralen Terrornetzwerks die Oberhand. Ihr Argument: Ein Gottesstaat, das Kalifat, sei für Regierungsarmeen und Geheimdienste ein leicht verwundbares Ziel. Deshalb sollen in etwa 60 wichtigen Ländern der Welt, muslimischen und nicht-muslimischen, geheime Operationszentren und Terrorzellen eingerichtet werden.

Und hier kommen jene Terrorkämpfer ins Spiel, die das Scheitern der Kalifat-Strategie in Syrien, im Irak und in Libyen hautnah miterleben. Wo sollen sie nach all den Niederlagen hin? Vielleicht ja nach Afghanistan? Könnte man meinen. Nur hat sich in diesem Land, wie auch im benachbarten Pakistan, längst eine eigene Terror-Elite herausgebildet, die untrennbar mit dem Drogenhandel verbunden ist. Weitere Terror-Anführer sind diesen Leuten gewiss nicht willkommen, müsste man mit ihnen doch die Einnahmen aus dem Drogengeschäft teilen.

Zentralasien? Die Ex-Sowjetrepubliken dieser Region haben ihre Attraktivität für IS-Kämpfer jedoch verloren – Russlands Einsatz gegen kriminelle Banden und Terroristen an dessen Südgrenzen sei Dank. Auch hat der Anti-Terror-Kampf der SOZ-Mitglieder China, Indien und Pakistan erheblich dazu beigetragen. Schließlich sollen dem Mega-Projekt der neuen Seidenstraße keine Terror-Enklaven im Wege stehen.

Bleibt noch der Nordkaukasus. Nur werden die Menschen in den russischen Teilrepubliken dieser Region nach den bitteren Erfahrungen der Neunzigerjahre keine weitere Epidemie des internationalen Terrors mehr dulden – die IS-Anführer sind sich darüber im Klaren. Zudem ist Tschetscheniens Präsident Ramsan Kadyrow in dieser Region stark, auf die heißen Köpfe der IS-Terroristen wirkt dessen Präsenz ernüchternd. Der Nordkaukasus wird für IS-Terroristen also zusehends zu einer No-Go-Area.

Flüchtlingsrouten sind für Terroristen hingegen die perfekte Tarnung. 40.000 ausgebildete Terror-Kämpfer sind heute schon auf europäischem Boden. In den ersten vier Monaten dieses Jahres kamen über 25 Prozent mehr Flüchtlinge aus Nordafrika in Italien an als 2016. Insofern ist die Verlegung von weiteren 60.000 Mann aus dem Terroristen-Kontingent nach Europa abzusehen. Das alles sind kampferprobte Leute.

Wir wurden bereits Zeugen dessen, was nur wenige Terroristen anrichten können. Was ist dann von 100.000 kampferfahrenen Männern zu erwarten? Viele von ihnen sind über 40 Jahre alt und seit langem in Terrorbanden aktiv – eine Integration in gesellschaftliche Strukturen erscheint da absolut illusorisch.
Besonders dramatisch ist die Lage in Großbritannien und Deutschland. Erst wurden Radikale nicht an ihrer Ausreise in den Nahen Osten gehindert, jetzt sind sie – reich an Kampferfahrung – zurück. Allein in Großbritannien halten sich rund 23.000 Rückkehrer auf. Und was haben sie und ihre „Kollegen“ mit Europa eigentlich vor? Terroranschläge sind jedenfalls nur ein Teil ihrer Strategie.

Dramatische Terrorattacken sollen einschüchtern, die Stärke der Terroristen demonstrieren und den Europäern zeigen, dass nicht mal mehr der Staat deren Sicherheit garantieren kann. Dies ist der erste Teil der Terror-Strategie in Europa. Der zweite Teil: Die Ausweitung von Einfluss innerhalb muslimischer Gemeinden. Gemäßigte Imame sollen neutralisiert werden, die Gemeinden radikalisiert.

Und dann muss sich die Terror-Internationale in Europa auch finanzieren. Das ist das dritte – und zentrale – Element der Terror-Strategie: Massive Erpressung der EU-Wirtschaft nach dem Schema „Ein kleiner Obolus und wir lassen euch in Ruhe.“

So hat es schon in Afghanistan funktioniert, im Irak und in anderen muslimischen Ländern des arabischen Raums. Jetzt kann dieser Ansatz auch nach Europa überschwappen. Dass solche Methoden nicht nur auf Klein- und Mittelständler anwendbar sind, sondern auch auf Großkonzerne, liegt auf der Hand.

Wenn die Terroristen schon ohne jedwede Angst vor Staat, Armee, Polizei und Geheimdiensten agieren, warum sollen sie dann auf so lukrative Einnahmequellen verzichten? Schiebt man dem heute keinen Riegel vor, könnten die Terroristen und Extremisten bald schon über kolossale Mittel verfügen, die die Einnahmen aus dem „traditionellen“ Gewerbe von Verbrechern – Rauschgift-, Waffen- und Menschenhandel – möglicherweise gar übersteigen.

In einer nicht allzu fernen Zukunft könnte Europa somit wiedermal in die Lage geraten, Hilfe zu benötigen – in Europas Geschichte war dies schon mehrmals so. Entscheidend könnte in dieser Situation Moskaus Hilfe sein. Nur könnte unsere Hilfsbereitschaft durch das – vorsichtig formuliert – unangebrachte Verhalten europäischer Politiker mächtig gedämpft werden.

Europas Sicherheitspolitiker machen heute Fehler von strategischer Reichweite, ähnlich den Fehlschlüssen kurz vor dem Zweiten Weltkrieg. Damals – vor der Weltkriegskatastrophe und der Okkupation ganz Europas – blieben die Aufrufe der Sowjetunion zur Bildung eines Systems kollektiver Sicherheit unerhört. Plumpe, boshafte Anti-Russland-Positionen gewannen die Oberhand.

Man muss wissen: Westliche Politiker und Unternehmer bauten Deutschlands Kriegspotential mit auf. Dann arbeiteten auch Europas besetzte Gebiete für Hitler-Deutschland: Rund ein Viertel aller lebens- und kriegswichtigen Güter kamen aus den europäischen Ländern.

Die Rechnung bezahlten am Ende viele Völker – und allen voran die Völker der Sowjetunion: Das russische Volk trug die Hauptlast des Krieges gegen Nazi-Deutschland.
Die Industrie und die Wirtschaftsstrukturen Europas arbeiteten für Hitler, während 90 Prozent seiner militärischen Schlagkraft bis Mitte 1944 an der Sowjetfront geballt war. Die UdSSR befreite elf europäische Länder teilweise oder ganz. Allein bei der Befreiung Polens verlor unser Land auf den Schlachtfeldern rund 600.000 Soldaten und Offiziere. Heute werden die Denkmäler dieser Helden unter stillschweigender Zustimmung europäischer Politiker abgerissen.

Deshalb kommt die Frage von selbst: Wie sollen wir denn mit den europäischen Partnern auch im Nahen Osten zusammenarbeiten, wenn wir ständig mit Respektlosigkeit gegenüber unseren Opfern im Kampf gegen den Faschismus konfrontiert werden, die Europa einst zu seiner Freiheit verhalfen?

Auch heute warnt der Kreml vor den negativen Folgen der westlichen Interventionspolitik im Nahen Osten, die übrigens auch die Flut illegaler Einwanderer nach Europa verursacht hat. Doch die Argumente der russischen Führung wurden von der Europäischen Gemeinschaft nicht im Geringsten akzeptiert. Zu stark sind in Europa die russophoben Stimmungen, zu groß der Druck auf vernünftig denkende Menschen.

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