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Islamisierung im Hinterhof: Die fragwürdige Rolle der Golfstaaten in Bosnien und Herzegowina

Islamisierung im Hinterhof: Die fragwürdige Rolle der Golfstaaten in Bosnien und Herzegowina
Muslime beim Betreten der mit saudischen Geldern finanzierten König Fahd-Moschee in Sarajevo.

Die Aussage des österreichischen Außenministers Sebastian Kurz, radikale Islamisten würden Frauen in Bosnien und Herzegowina fürs Verschleiern bezahlen, hat heftige Reaktion in dem Land hervorgerufen. Sie erscheinen, wie Recherchen belegen, nicht aus der Luft gegriffen zu sein.

von Marinko Učur

Der Balkan war immer schon ein Pulverfass und eine von Vorurteilen belastete Region. Die gegen Ende der 1980er Jahre wieder aufgeflammten ethnischen Auseinandersetzungen führten 1992 zum Zerfall Jugoslawiens und zum Bürgerkrieg. Der fragile Frieden birgt zahlreiche Herausforderungen, eine von ihnen ist, wie erst jüngst wieder zur Sprache gekommen, die Verschleierung von Frauen nach strengen islamischen Vorschriften.

Hätte der österreichische Außenminister Sebastian Kurz gewusst, was für Reaktionen er durch seine jüngste Aussage, wonach Frauen in Sarajevo fürs Vollverschleiern bezahlt werden, hervorrufen würde, hätte er sich vielleicht milder geäußert.

In Bosnien hat seine Aussage große Sorge hervorgerufen. Für die christliche Gemeinschaft kam die Aussage einer Warnung gleich, für die muslimische Bevölkerung einer Verurteilung. Vertreter offizieller Stellen in Sarajevo versuchten umgehend, die Aussage von Kurz richtigzustellen, und behaupteten, den Sicherheitsbehörden lägen keine Erkenntnisse in dieser Richtung vor.

Andererseits wiesen sie diskret darauf hin, dass der österreichische Minister diese Aussage wohl nicht aus einer Laune heraus und ohne eine tatsächliche Kenntnis der Situation getroffen habe. Die Aussagen von Herrn Kurz sind sehr interessant und besorgniserregend, und wir glauben, dass er sie von den österreichischen Sicherheitsbehörden erhalten hat. Aber wir haben leider keine solchen Informationen“, erklärte der bosnische Sicherheitsminister Dragan Mektić.

Islamische Gemeinde ist empört, Serben stimmen Kurz zu

In der Region haben sich in den letzten Jahren zahlreiche Fälle zugetragen, die einen Flirt von Teilen der Bevölkerung mit dem radikalen Islam vermuten ließen, unterstützt von Saudi-Arabien und anderen islamisch-fundamentalistisch ausgerichteten Golfstaaten. Mit der jüngsten Aussage des möglichen künftigen Kanzlers der Alpenrepublik ist ein weiteres Thema für Auseinandersetzungen hinzugekommen.

Die Islamische Gemeinschaft in Bosnien reagierte wütend auf Kurz und bezeichnete dessen Aussage als unannehmbar. Mittlerweile bestätigte jedoch auch das österreichische Außenministerium die von Kurz in einem Interview mit dem Handelsblatt getroffenen Aussagen und forderte, dass Europa den westlichen Balkan mit Blick auf dessen Schwierigkeiten bei der Koexistenz nicht vernachlässigen sollte. Die Regisseurin Nejra Latić Hulusić mahnt:

„Das Alltagsleben für verschleierte Frauen ist schwierig. Sonderbehandlung an Flughäfen, Vorurteile, Blicke. Wenn Minister Kurz schon vor der Ausbreitung des Radikalismus in Bosnien und Herzegowina warnen wollte, dann hat er ein völlig falsches Beispiel genommen!“

Nikab-Tragen als bezahlter Beruf

Natürlich gibt es auch vor Ort viele, die in der traditionellen islamischen Frauenbekleidung ein Hindernis für Koexistenz und Toleranz sehen. Der Präsident der Republika Srpska, Milorad Dodik, gab Kurz Recht:

„Jeder weiß, dass dafür bezahlt wird. In Sarajevo ist bekannt, wieviel man bekommt, wenn man die Verschleierung einen oder drei Tage, samstags, sonntags oder an einem wichtigen Feiertag trägt. Es gibt Frauen, die das professionell machen. Sie werden von Beamten begleitet und bekommen dafür 150 Euro.“

Dodik ging noch weiter und betonte, Kurz‘ Sorge käme ein wenig zu spät. Als die Mudschaheddin serbische Köpfe abgehackten, habe sich in Europa niemand Sorgen wegen des radikalen Islams gemacht. Dass Musliminnen in Bosnien und Serbien dafür bezahlten würden, sich zu verschleiern, ist in den genannten Ländern bereits seit den 1990er Jahren Thema. Dabei merken Musliminnen einerseits häufig ironisch an, sie wüssten gerne, wo man sich da melden kann, sie könnten das Geld gut gebrauchen. Andere hingegen bestätigen, dass sie „solche Geschichten seit langem kennen“. So berichtet Aida Ćorović aus Novi Pazar:

„Ich kenne mehrere Beispiele in Novi Pazar. Junge Ehepaare, der Mann wahhabitisch gekleidet, die Frau im schwarzen Tschador oder in Burka. Sie haben Kinder, eine eigene Wohnung, aber keiner der beiden geht arbeiten. Offiziell sind sie ohne Einkommen, aber irgendwoher haben sie Geld für ein normales Leben. Niemand weiß, woher sie das Geld dafür bekommen.“

Seit Jahresanfang sind knapp 43.000 Araber aus den Golfstaaten nach Bosnien und Herzegowina eingereist. Da sie kein Recht darauf haben, die Staatsbürgerschaft anderer Länder zu erwerben, halten sie sich ausschließlich während des Sommers in Luxussiedlungen und Luxushäusern auf, die sie für ihre eigenen Bedürfnisse gebaut haben.

Arabische Zuzügler erobern den Immobilienmarkt

Es ist ein offenes Geheimnis, dass im Sommer die Zahl der Mietverhältnisse und der Verkauf von Immobilien jeweils einen Höhepunkt erreichen. Die offensichtlichsten Beispiele dafür sind in Sarajevo und in Mostar zu finden. Informationen einer Immobilienagentur zufolge sind die Preise in Mostar für den Kauf von Wohnungen im letzten Sommer um 10 bis 15 Prozent gestiegen, in Sarajevo soll die Steigerung bis zu 50 Prozent betragen. Experten bringen dies mit dem großen Zustrom von Ausländern aus arabischen Ländern in Verbindung. Die Einheimischen begegnen den Zugereisten nicht mit besonderem Wohlwollen, weil diese das ethnische und kulturelle Umfeld der Postkonfliktgesellschaft in Bosnien und Herzegowina verändern.

Wenn die Führer der größten bosniakischen Partei (SDA – Partei der demokratischen Aktion) gefragt werden, ob die von Kurz und Dodik zum Ausdruck gebrachten Sorgen begründet sind, so weisen sie dies entrüstet ab. Stattdessen behaupten sie, dass es hier um Islamophobie gehe.

„Die Bosniaken sind ein stolzes und autochtones europäisches Volk und jeder Extremismus und Radikalismus ist ihm fremd“, so der SDA-Chef Bakir Izetbegović. Dabei forderte er von offiziellen Vertretern Österreichs, Kroatiens und Tschechiens, „BiH und die Bosniaken nicht zur Zielscheibe zu machen, sondern stattdessen den Aufstieg des Nationalismus und der retrograden Ideologie in ihren eigenen Hinterhöfen einzudämmen“.

Die Besorgnis der Bürger wegen der steigenden Masseneinwanderung ausländischer Bürger aus verschiedenen arabischen Länder ist eher psychologisch bedingt. Der Bürgerkrieg der 1990er Jahre ruft bei der christlichen Bevölkerung hässliche Erinnerungen an die Zeit wach, als der ehemalige islamische Kriegsführer Alija Izetbegović Mudschaheddin nach Bosnien brachte, um gegen Serben und Kroaten zu kämpfen. Schon damals zeigte er seine Absichten, das ethnische Bild des durch Dayton geschaffenen Bosniens, in dem fast die Hälfte der Bevölkerung Muslime sind, zu ändern.

Daher wird in Bosnien davon ausgegangen, dass sich Europa solcher Phänomene, die der österreichische Minister angesprochen hat, bewusst sein sollte. Wenn er die für diesen Teil Europas so untypische Erscheinung nicht so laut angesprochen hätte, würden die Machthaber in Sarajevo die Informationen, die über die häufigere Ausübung des aus dem Nahen Osten importierten Islam sprechen, eher minimieren und relativieren.

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