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Aufmarsch in Osteuropa: An Russlands Grenzen warten tausende US-Elitesoldaten auf Einsatzbefehl

Aufmarsch in Osteuropa: An Russlands Grenzen warten tausende US-Elitesoldaten auf Einsatzbefehl
Aufmarschgebiet Osteuropa: US-Panzer erreichen Rumänien im Dezember 2017

Der Einsatz von US-Sondereinsatzkräften in Europa stand nie im Rampenlicht, nimmt aber derzeit rapide zu, insbesondere in den baltischen Staaten. Zielvorgabe laut Experten: Erwerb von Kapazitäten, um Kommandoaktionen bis tief in das russische Hoheitsgebiet durchzuführen.

Die amerikanische Regierung unterläuft weiterhin die Bemühungen der Europäischen Union, eine friedliche Regelung für den Konflikt in der Ukraine zu finden. Gerade erst stimmte die US-Regierung einem Gesetz zu, dass es erlaubt, tödliche Waffensysteme an den Konflikt-Staat zu liefern. Laut Washington Post hatte Kanada zuvor bereits eine ähnliche Bestimmung in Kraft gesetzt.

Mit Blick auf die beschlossenen Waffenlieferungen erklärte der US-Sonderbeauftragte für die Ukraine, Kurt Walker, dass sie dazu beitragen, die Kosten für Russland in die Höhe zu treiben und einen möglichen „Deal“ mit Wladimir Putin in Bezug auf die Ukraine zu verhindern. Unterdessen berichtet die amerikanische Presse ausführlich darüber, dass die USA verschiedenste Spezialeinheiten an die russische Grenze verlegen, nicht nur in der Ukraine, sondern auch Georgien, Polen und den baltischen Republiken. So berichtete der Chef der amerikanischen Spezialeinheiten, General Raymond Thomas, dass zahlreiche Spezialeinheiten in der Nähe der russischen Grenze stationiert werden.

„In den letzten zwei Jahren haben die Vereinigten Staaten in fast allen Ländern an der westlichen Grenze Russlands ein Sondereinsatzkontingent aufgebaut. In jedem Land – in jedem NATO-Land und an der Grenze zu Russland – waren wir ständig präsent, um phänomenale Dinge mit unseren Verbündeten zu tun und ihnen zu helfen, sich auf die Bedrohung vorzubereiten.“

In den vergangenen 15 Jahren setzte das amerikanische Militär verstärkt auf Sonderkommandos, die unter dem Befehl des Special Operations Command (SOCOM) zusammengefasst sind. Ihre Truppenstärke beläuft sich etwa 70.000 Soldaten, wobei die Spezialeinheiten der CIA nicht mitgezählt sind. Laut einem Bericht des Pentagon sind täglich etwa 8.000 Angehörige von Spezialeinheiten in rund 80 Ländern im Einsatz. Im Laufe eines Jahres seien sie in rund 70 Prozent der Länder der Erde tätig.

Nach Angaben von Major Michael Weisman, dem Sprecher des US Special Operations Command Europe, haben die USA im laufenden Jahr 2017 ihre Eliteeinheiten in 21 europäische Länder entsandt und Übungen mit einer „noch größeren Anzahl von Nationen“ durchgeführt. „Außerhalb Russlands und Weißrusslands trainieren wir mit praktisch jedem Land in Europa entweder bilateral oder durch verschiedene multinationale Veranstaltungen”, erklärte Weisman gegenüber TomDispatch.

Seinen Informationen zufolge hat Europa als Einsatzraum allgemein an Bedeutung gewonnen. So sei die Anzahl der in Europa operierenden Kommandos in den letzten Jahren „exponentiell gestiegen“. Vor gut zehn Jahren, im Jahr 2006, bewegten sich nur drei Prozent der im Ausland eingesetzten Spezialeinheiten in Europa. Im vergangenen Jahr 2016 lag ihr Anteil bei über zwölf Prozent – ein Sprung von mehr als 300 Prozent. Nur in Afrika stieg die Zahl der Einsätze in dieser Zeitspanne stärker an.

Diese zunehmende Bedeutung von Europa als Ziel amerikanischer Spezialoperationen lässt sich auch am Joint Combined Exchange Training (JCET)-Programm erkennen. In diesem Rahmen bilden die Spezialeinheiten befreundete Armeen oder irreguläre Milizen wie die ukrainischen Freiwilligen-Bataillone aus. Im Jahr 2012 fanden 29 JCET-Einsätze in Europa statt, im vergangenen Jahr handelte es sich bereits um 37 Trainingsmissionen, darunter sechs in Bulgarien, drei in Estland, drei in Lettland, drei in Polen und drei in Moldawien.

Laut General Thomas habe das SOCOM „beträchtliche Mittel für den Aufbau und die Verstärkung der alliierten Spezialeinheiten in der gesamten Region“ aufgewendet. Vor dem Verteidigungsausschuss des amerikanischen Senates bestätigte er, dass man „unermüdlich mit unseren Partnern und dem Außenministerium“ zusammenarbeite, um „ausgereifte und nachhaltige Spezialoperationen in der gesamten Region“ zu entwickeln.

Im März übten die Green Berets (zu Deutsch: “grüne Baretts”), zusammen mit lokalen Truppen in Lappland und Finnland bei kaltem Wetter den Einsatz von Schneemobilen. Im Mai trainierten die Navy SEALs im Rahmen der Übung „Flaming Sword 17“ zusammen mit Truppen in Litauen. Im Juni führten Mitglieder der US 10th Special Forces Group gemeinsam mit polnischen Kommandos in Lubliniec Übungen für Luftangriffe und Evakuierungen durch. Im Juli nahmen die Marines an der Übung „Sea Breeze” in der Ukraine teil. Im August baute der 321. Special Tactics Squadron eine Landstraße in Estland in eine Landebahn um. Im selben Monat trainierten Spezialkräfte im Rahmen der Übung „Noble Partner“ in Georgien.

Der ehemalige Chef des Army Special Operations Command sprach mit Blick auf Osteuropa im vergangenen Jahr von „undeklarierten Kampagnen“ in den baltischen Staaten, in Polen und in der Ukraine, welche nicht dem „amerikanischen Modell des traditionellen Krieges“ entsprächen. In der verteidigungspolitischen Community der USA wird inzwischen offen diskutiert, dass die Spezialeinheiten nur ein Teil einer breiten Strategie sind, um Russland zu destabilisieren.

Vor einem Jahr trafen sich etwa aktive und pensionierte hochrangige Militärs mit Diplomaten und Forschern zu einem Symposium an der National Defense University (NDU) in Washington. Unter dem Titel „Russisches Engagement in der Grauzone“ riefen sie zu einer „umfassenden Kampagne“ auf. Russland sollte nicht nur „durch Sanktionen untergraben“ werden. Man müsse außerdem im Land selbst „entrechtete“ und „entfremdete Personen“ anwerben oder auch verbesserte Cyberfähigkeiten entwickeln, um psychologische Operationen zu starten.

In diesem Rahmen müsse man auch „taktische Aktionen verstärken“ und einen „Schattenkrieg der Sondereinsatzkräfte“ führen. Auf der Veranstaltung ging General Charles Cleveland bereits davon aus, dass dieser „Schattenkrieg“ bereits im Gange ist. Die Vereinigten Staaten sollten aus den Erfahrungen der tschetschenischen Dschihadisten lernen, empfahl das Symposium. Die seinerzeit von Saudi-Arabien unterstützen Rebellen hätten „dezentral operiert und begonnen, Widerstandsgruppen aufzubauen“, heißt es in einem Papier des Treffens.

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