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Kinderärzte schlagen Alarm: Facebook programmiert das Gehirn unserer Kinder um

Kinderärzte schlagen Alarm: Facebook programmiert das Gehirn unserer Kinder um

US-amerikanische Kinderärzte schlagen Alarm. In einem am Dienstag veröffentlichten offenen Brief an Facebook kritisieren sie die neueste Version der App „Messenger Kids“ und warnen vor erheblichen Gesundheitsgefahren. Jüngere Kinder seien „einfach nicht bereit, Social Media Accounts zu führen“. Insbesondere weisen sie darauf hin, daß diese Kinder nicht alt genug seien, „um die Komplexität der Online-Beziehungen zu bewältigen“. Die Nutzung sozialer Netzwerke könne das psychische Wohlbefinden der Kinder beeinträchtigen.

Ihre Bitte an Mark Zuckerberg: „Bitte machen Sie eine starke Aussage, daß Facebook sich für das Wohlergehen von Kindern und der Gesellschaft einsetzt, indem Sie Messenger Kids den Stecker ziehen!“ Mit ihrer Kritik stehen die Ärzte nicht alleine da. Am Rande des World Economic Forum in Davos vergangene Woche lies Mark Benioff, Chef des IT-Unternehmens Salesforce, seinem Unmut über Facebook, Twitter, Instagram und Co. freien Lauf: „Ich denke, daß die Technologie mit Sicherheit süchtig machende Qualitäten hat, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Und ich bin überzeugt, daß die Produkt-Designer bewußt daran arbeiten, diese Produkte mit Suchtpotenzial auszustatten.“

Funktionsweise der Gesellschaft werde zerstört

„Ich fühle mich ungeheuer schuldig“, bekannte Chamath Palihapitiya, bis zum Jahr 2011 Vize-Präsident von Facebook, bereits im November 2017 während einer Diskussionsveranstaltung an der Stanford Business School. „Die kurzfristigen, dopamingesteuerten Rückkopplungsschleifen, die wir geschaffen haben, zerstören die Funktionsweise der Gesellschaft. Kein ziviler Diskurs. Keine Kooperation. Fehlinformationen. Unwahrheiten. Und es ist kein amerikanisches Problem. Hier geht es nicht um russischen Einfluß auf den Wahlkampf in den USA. Das ist ein echtes, ein globales Problem. Ich denke, wir sind hier in einer wirklich schlechten Verfassung.“

Schuldgefühle plagten ihn, so Palihapitiya , da „ wir im Hintergrund, in den Tiefen unseres Geistes, wußten, dass etwas Schlimmes passieren wird.“ Das irritierte schmunzelnde Publikum warnte er deutlich: „Ihr werdet programmiert!“ Palihapitiya ist keiner der unbedeutenden Zuarbeiter in der enger werdenden Welt der IT-Monopole. Seine Worte hatten und haben Gewicht. Bereits im Jahr 2005, nur ein Jahr nach der Gründung des Netzwerks, kam er zu Facebook. Schnell kletterte er die Karriereleiter empor und war schlußendlich als Vize-Präsident dafür verantwortlich, die Nutzerbasis zu vergrößern. Niemand könnte besser als er über das Suchtpotential der Plattform sprechen: „All die Daumen nach oben, die Herzchen, die Kommentare erfüllen uns nicht wirklich. Die innere Leere wird nach jedem Klick nur noch größer.“

Nutzerglück und Werbeinteressen

Facebook gibt mittlerweile ganz offiziell zu, daß seine Dienste tendenziell unglücklich machen können. Doch es käme darauf an, wie man Technologie einsetze. „Passiv konsumierende Social Media sind mit negativen Effekten verbunden, während aktives Engagement das Wohlbefinden steigern kann“, so Forschungsdirektor Dave Ginsberg und seine Assistentin Moira Burke in einem Artikel auf dem Unternehmensblog. Die Ursachen der eigenen Verstimmung lägen beim Nutzer.

Ginsberg und Burke betonen, daß Facebook allein das Glück seiner Nutzer im Sinn habe. Dies gelte in Zukunft noch mehr als bisher. Statt Werbebotschaften und schlechte Nachrichten aus aller Welt solle alsbald wieder die Interaktion zwischen den Menschen in den Vordergrund rücken. Das Unternehmen habe zu diesem Zweck bereits signifikante Änderungen am sogenannten Newsfeed vorgenommen, damit Beiträge von engen Freunden früher erscheinen als Werbeanzeigen von Unternehmen.

Doch nicht humanistische Ideale sondern handfeste ökonomische Interessen sind die Beweggründe zur entsprechenden Änderung des Algorithmus. Facebook rechnet damit, daß nach dem Strategiewechsel Nachrichten nur noch vier Prozent des Newsfeeds ausmachen werden. Weniger Reichweite und eventuell steigende Anzeigenpreise lauten die Konsequenzen für Verlage und Werbetreibende. Für sie ist es bereits seit Sommer 2017 bedeutend teurer, sich in den Newsfeed der Nutzer einzukaufen.

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