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Schweiz: Arbeitsloser Deutscher wegen gescheiterter Integration abgeschoben

Schweiz: Arbeitsloser Deutscher wegen gescheiterter Integration abgeschoben

Die Schweiz ist ein Vorbild in ihrer Einwanderungspolitik. Sie legt strenge Maßstäbe bei Immigranten an, – und schreckt auch nicht davor zurück, auch deutschen Staatsbürgern eine gescheiterte Integration zu attestieren und diese abzuschieben.

von Simone Lippuner

Er hat längst keinen Job mehr. Aber viele Schulden, eine Freundin und einen grossen Wunsch: in der Schweiz bleiben zu dürfen. Das wird für den 57-jährigen Deutschen, der seit zehn Jahren in Lyss lebt, aber nicht möglich sein. Nach der Polizei- und Militärdirektion hat nun auch das Verwaltungsgericht entschieden, dass der Mann ausreisen muss. Grund: Er ist arbeitslos und bezieht Sozialhilfe.

Der deutsche Staatsangehörige reiste im September 2007 in die Schweiz ein. Gestützt auf eine unbefristete Anstellung im Verkaufsaussendienst einer Lüftungsfirma, wurde ihm der Aufenthalt bewilligt. 2012 ersuchte er um eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung. Bei der Prüfung des Gesuchs stellte das kantonale Amt für Migration fest, dass der Mann auf Stellensuche ist und gegen ihn Betreibungen über rund 150’000 Franken sowie offene Verlustscheine über 15’000 Franken bestehen. Deshalb wurde die Bewilligung nur um ein Jahr verlängert, bis im September 2014.

Integration missglückt

Ein weiteres Gesuch um Verlängerung lehnte der Kanton ab und verfügte die Ausreise. Hier begann das rechtliche Hickhack um den Mann, der in Deutschland einen Sohn und eine Ehefrau hat und ohne schlagfertige Argumente versuchte, seinen Aufenthalt zu verlängern. In Lyss hat der Beschwerdeführer eine Freundin, die beiden leben aber nicht im selben Haushalt.

Seit 2013 ist er von der Sozialhilfe abhängig und wird zusätzlich von seiner Partnerin finanziell unterstützt. Seit 2015 arbeitet der Deutsche in einem Beschäftigungsprogramm, ist aber immer noch verschuldet und hat sich zudem wegen Missbrauchs von Ausweisen und Schildern strafbar gemacht.

Dem Beschwerdeführer sei die berufliche und wirtschaftliche Integration in der Schweiz auch nach zehn Jahren nicht gelungen, hält das Verwaltungsgericht fest. Der Deutsche habe bereits über 120’000 Franken wirtschaftliche Hilfe bezogen, und die Aussichten auf einen neuen Job schätzt er selber als «nicht sehr gut» ein. Ohne Arbeit erlischt auch der freizügigkeitsrechtliche Status.

Zumutbare Fernbeziehung

Andere Gründe, dem Deutschen ein Aufenthaltsrecht zu gewähren, seien nicht erkennbar. Kein Job, keine Ehefrau, keine Kinder in der Schweiz, kein Härtefall. Die Beziehung zu seiner Freundin kommt für das Gericht «in ihrer Substanz nicht einer Ehe gleich». Eine Fernbeziehung sei zumutbar, zudem werde die Frau in zwei Jahren pensioniert und könne nach Deutschland ziehen.

Der Mann machte geltend, dass der Kontakt zur Familie in Deutschland abgebrochen sei und er dort vor dem Nichts stehen würde. Das Gericht entgegnete, dass er erst mit 47 Jahren in die Schweiz kam und demzufolge in ein bekanntes Umfeld zurückkehre und nicht vereinsamen werde.

«Die Möglichkeiten für eine Wiedereingliederung sind intakt.» Durch den Rechtsstreit hat der Deutsche seine Ausreise um Jahre hinausgezögert. Der nächste Ausreisetermin ist für den 26. Februar 2018 angesetzt. Doch das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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