Deutschland

Betonsperren als Placebo: Wie uns Politiker mit nutzlosen Sicherheitskonzepten übers Ohr hauen

Betonsperren als Placebo: Wie uns Politiker mit nutzlosen Sicherheitskonzepten übers Ohr hauen

Betonsperren sollen in der Düsseldorfer Altstadt vor Lastwagen-Angriffen schützen. Doch ein Vorfall am Montag, als einer der Poller kinderleicht verschoben und sogar beschädigt wurde, weckt nun erhebliche Zweifel daran. Die Dekra fordert Alternativen zu den Klötzen, während BRD-Politiker weiter an der Verwendung festhalten, obwohl sie um die riesigen Sicherheitslücken wissen.

von Günther Strauß

Bei den Anschlägen in Nizza oder auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz rasten die Täter mittels Lastwagen mit einer hohen Geschwindigkeit auf Menschen zu, um möglichst viele Unschuldige zu töten. Damit sich so etwas nicht wiederholt, hat man sich in Deutschland ganz besonders den Kopf darüber zerbrochen, wie man Großveranstaltungen bestmöglich schützen kann. Die Lösung lautet: Aufstellen von Betonpollern, die die Fahrzeuge im Ernstfall stoppen sollen.

Auch in Düsseldorf stehen mehrere solcher Poller im Rahmen eines Sicherheitskonzeptes. Dass man zwischen den Sperren durchkommt, ist für den Lieferverkehr und die Feuerwehr wichtig. Selbst große Fahrzeuge können problemlos zwischen den Betonklötzen hindurchrollen, wenn der Fahrer etwas Augenmaß beweist. Das sollte schon einmal zum Denken anregen. Nun kam es am Montag dieser Woche zu einem handfesten Skandal. Die angeblich so sicheren Betonpoller schützen offenbar kaum vor Anschlägen. Denn ein LKW hatte beim Rangieren mit Schrittgeschwindigkeit (ca. 3 bis 4 km/h) einen der Klötze kinderleicht beiseitegeschoben und sogar beschädigt. Man stelle sich einmal vor, der LKW wäre mit Tempo 50 auf die Betonsperre zugerast.

Betonsperren als Placebo: Wie uns Politiker mit nutzlosen Sicherheitskonzepten übers Ohr hauen
Lastwagen verschiebt Poller in der Düsseldorfer Altstadt

Besonders pikant: Bereits im April 2017 hatte die Dekra Neumünster in einem Crash-Test die neuen Anti-Terror-Sperren getestet. Dabei wurde ein zehn Tonnen schwerer Laster mit Tempo 50 auf eine Kombination aus mit Ketten verbundenen Betonblöcken und stabilen Metallkreuzen gesteuert. Anstatt das Fahrzeug zu bremsen, zogen die Ketten die Blöcke jedoch mühelos mit. Die dahinter aufgestellten Metallkreuze hielten den Erwartungen ebenfalls nicht stand. Sie sollten sich mit je einer Zacke in das Fahrzeug und in den Untergrund bohren und sich durch die Wucht des Aufpralls so drehen, dass der Lkw aufgebockt wird. Bei dem Versuch wurden sie jedoch einfach zur Seite geschoben und das Fahrzeug erst am Ende der Teststrecke von der Aufschlagwand gestoppt.



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Als hätte diese Studie nie stattgefunden, feierten sich Politiker im Nachgang dieses verehrenden Testergebnisses immer wieder selbst und lobten ihre Sicherheitskonzepte mit den super Betonpollern in den Himmel. So zum Beispiel in Köln. Im August 2017 stellten Oberbürgermeisterin Henriette („Eine-Armlänge-Abstand“) Reker und Polizeipräsident Uwe Jacob das neue Sicherheitskonzept zum erhöhten Schutz der Domumgebung vor. Ehemalige Domsteine, noch viel kleiner und leichter als die „super tollen“ Anti-Terror-Poller sollten verhindern, dass PKW und LKW auf die Domplatte gelangen können. Nun muss man sich ernsthaft die Frage stellen, ob es Ignoranz, Dummheit oder Vorsatz gewesen ist, ein solches Unsicherheitskonzept abzusegnen und auch noch stolz wie Oskar zu präsentieren. Wir überlassen die Bewertung dieser Angelegenheit unseren Lesern.

Doch Köln ist kein Einzelfall. Auch in Wenden (NRW) setzte man im Juli 2017 trotz des miserablen Urteils des Dekra-Crash-Tests auf Betonklötze als „Schutzmaßnahme“ für die Besucher beim größten Volksfest in Südwestfalen. Bürgermeister Bernd Clemens (CDU) bestellte kurzerhand 17 Betonblöcke für 20.000 Euro und sagte mit stolz geschwellter Brust: „Wir konnten nicht länger warten. Wir mussten handeln.“ Merkel-Versteher Clemens ging es augenscheinlich auch nicht darum, die Bevölkerung wirksam zu schützen. Nein, ein subjektives Sicherheitsempfinden müsse schon ausreichen, so die Meinung des Bürgermeisters.

Und auch am Tatort Berlin wollte man nichts davon wissen, dass Betonklötze die Menschen nicht wirklich schützen können. Um so etwas wie ein Sicherheitsgefühl zu wecken, hatten die Veranstalter des Weihnachtsmarktes am Breitscheidplatz Ende 2017 rund 100 Betonsperren an den Eingängen aufgestellt und damit wieder einmal astronomische Geldbeträge verschwendet. Die Kosten für diese Maßnahme, die wohlgemerkt nur aufgrund von Politikversagen (Grenzöffnung, fehlende Passkontrollen etc.) eingeleitet wurde, hatte selbstverständlich der Steuerzahler zu tragen. Und als ob dies nicht schon genug wäre, wurden auch die Standgebühren der Händler kurzerhand um 20 % erhöht. Sie wurden also doppelt zur Kasse gebeten, einmal als Privatperson mit ihren Steuergeldern und weil es so schön war, als Gewerbetreibende gleich noch einmal. Merkel sei Dank.

Was die Dekra also schon vor knapp einem Jahr feststellte, wurde nun in Düsseldorf noch einmal deutlich: Betonsperren sind nichts weiter als ein Placebo, was den Menschen subjektiv ein Sicherheitsgefühl geben soll, welches aber in der Realität völlig unbegründet ist. Denn wie der Dekra-Test auch zeigte, können die Betonpoller sogar erst richtig gefährlich werden, wenn sie von einem LKW angefahren werden. Im Test rutschten die Sperren nämlich einfach wie Billardkugeln über den Boden und wurden somit zu tödlichen Geschossen. Wenn ein LKW schon beim Rangieren mit Schrittgeschwindigkeit angebliche Anti-Terror-Sperren mühelos zur Seite schieben und beschädigen kann, dann muss man sich ernsthaft fragen, ob unsere Politiker noch ganz bei Trost sind, wenn sie uns derartige „Sicherheitskonzepte“ auch noch groß anpreisen. Der nächste Anschlag kommt bestimmt.

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