Hintergründe

Türkei blockiert WikiLeaks nach Leak von 300.000 Regierungsmails zum Putschversuch

Türkei blockiert WikiLeaks nach Leak von 300.000 Regierungsmails zum Putschversuch

Die Türkei hat Maßnahmen ergriffen, um den Zugang zur Enthüllungsplattform WikiLeaks im Land zu stoppen. Zuvor erklärte WikiLeaks, man werde im Zuge des vereitelten Putschversuchs gegen die türkische Regierung rund 300.000 Regierungsemails publik machen. Die Internet-Aufsichtsbehörde in Ankara sperrte am Mittwoch den Zugang zur WikiLeaks-Webseite, nachdem die Organisation tausende Online-Konversationen von AKP-Offiziellen veröffentlicht hatte.

Das Telekommunikationsamt nannte den Schritt eine „Verwaltungsmaßnahme“. Dieser Begriff wird in der Türkei regelmäßig dann benutzt, wenn der Zugriff auf Webseiten blockiert werden soll.

WikiLeaks veröffentlichte in Antizipation der Maßnahme auf dem Micro-Bloggingdienst Twitter den Hinweis, dass türkische Nutzer die Daten auch über Proxys oder „unsere IP https://141.105.65.113/akp-emails/ #Turkey“ erreichen können.

Insgesamt gelang es der Organisation trotz, wie es hieß, zahlreicher Cyber-Angriffe auf 762 Posteingängen 294.548 Emails am Dienstag publik zu machen. Ob es darunter auch politisch brisantes Material gibt, ist bis dato jedoch noch unklar.

Unter den Nachrichten sollen sich auch zahlreiche Spammails befinden, wie etwa jene von einer russischen Adresse aus abgesendete des Inhalts: „Do you want to amaze your girlfriend at night?“ Die Plattform schrieb in einer öffentlichen Mitteilung:

„WikiLeaks führte die Veröffentlichungen in Reaktion auf die türkischen Post-Coup-Säuberungen der Regierung aus“.

Die Mails sollen sich nicht auf Regierungsinterna fokussieren. Stattdessen stehen „Beziehungen mit der Welt“ im Zentrum, heißt es.

„Wir überprüften das Material und die Quellen, die in keiner Weise mit Elementen hinter dem Putschversuch oder im Zusammenhang mit den rivalisierenden Parteien stehen, aber auch nicht mit dem Staat“, fügte die Whistleblower-Webseite hinzu. WikiLeaks besteht darauf, keiner Konfliktpartei anzugehören, sondern nur der „Wahrheit“ dienen zu wollen.

Alle Emails, die veröffentlicht wurden, werden der Seite „akparti.org.tr“ zugeschrieben. Das ist die Webdomain der größten politischen Partei der Türkei. Die Dokumente decken den Zeitraum von 2010 bis zum 6. Juli 2016 ab, also etwa eine Woche vor dem gescheiterten Militärputsch.

Die türkische Regierung machte den in den USA lebenden und enge Beziehungen zu westlichen Staaten pflegenden, umstrittenen Prediger Fethullah Gülen als Drahtzieher hinter dem Putschversuch vom Wochenende aus. Offizielle Vertreter aus Vereinen und Verbänden, die der Gülen-Bewegung zugerechnet werden, sowie Gülen selbst dementierten die Anschuldigungen. Bisherige Ermittlungsergebnisse im Zusammenhang mit dem Putschversuch deuten jedoch auf eine Beteiligung mehrerer Personen hin, die zumindest eine mehr oder minder enge Beziehung mit dem Netzwerk aufweisen.

Nach heftiger Kritik aus Ankara teilte das US-Präsidialamt mit, dass Obama in einem Telefongespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan der Türkei Unterstützung bei der Aufklärung des Putschversuchs angeboten habe. Zuvor haben türkische Politiker die USA der zumindest indirekten Komplizenschaft mit Gülen beschuldigt. Ankara fordert die Auslieferung des Predigers. Die Regierung sandte der US-Regierung elektronisch ein Dossier über den Geistlichen. Die USA erklärten, sie wollen Ankaras Forderungen vorerst prüfen.

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