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USA im Visier: Nordkoreas ballistische Schlagkraft und Reichweite wächst

USA im Visier: Nordkoreas ballistische Schlagkraft und Reichweite wächst
Abschuss einer U-Boot-gestützten ballistischen Rakete in Nordkorea

Die Zeit drängt nach einer Lösung im Koreakonflikt. Bald könnte Pjöngjang mit Langstreckenraketen die USA erreichen. Die Amerikaner verhandeln zurzeit mit China, ohne die Südkoreaner miteinzubeziehen. Unterdessen herrscht Eiszeit zwischen Seoul und Peking. Kim Jong-Un hat ein Traumziel: Mit seinen Langstreckenwaffen die USA erreichen zu können. Jeden Tag, der ohne eine Lösung im Konflikt auf der geteilten koreanischen Halbinsel verstreicht, bringt ihn diesem ein Stück näher. Alaska ist rund 5.000 Kilometer entfernt und wäre das erste US-Ziel auf der Liste Pjöngjangs.

Experten sind der Ansicht, dass Nordkorea mittlerweile technisch in der Lage ist, interkontinentale Langstreckenraketen abzuschießen. Aber um die USA als Ziel anpeilen zu können, fehlt den Nordkoreanern noch die erforderliche atmosphärische Wiedereintrittstechnologie. Am Sonntag berichtete die nordkoreanische Presse, dass ein Raketentriebwerkstest erfolgreich verlaufen sei. Sie bezeichnete den damit verbundenen technischen Fortschritt als eine “neue Geburt”.

Lee Jin-Woo, der Sprecher des südkoreanischen Verteidigungsministeriums, bestätigte während einer Pressekonferenz, dass es neue Entwicklungen im Norden gegeben hat:

„Durch diesen Test wurde gezeigt, dass die Triebwerksfunktion einen bedeutenden Fortschritt gemacht hat.“

Der US-amerikanische Außenminister Rex Tillerson hatte Südkorea und der DMZ, der entmilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea, gerade erst einen Besuch abgestattet. Hierbei gab er bekannt, dass alle Optionen, um gegen Nordkorea vorzugehen, auf dem Tisch lägen – auch die militärischen.

Am Montag erreichte Joseph Yun Seoul. Er ist als Verhandlungsführer der USA für ein Nordkorea ohne Atomwaffen bekannt und soll, nach seinem Besuch in Peking, Südkorea über die Pläne der USA und Chinas informieren. Tillerson hatte seinen Besuch in Asien in Japan begonnen. Hier mahnte er die Japaner, den Streit um die so genannten Trostfrauen, das waren der Zwangsprostitution zugeführte Frauen in Gebieten, die Tokio im Zweiten Weltkrieg eingenommen hatte, endlich beizulegen. Japan sollte sich Südkorea annähern, damit beide Verbündeten sich mit den Amerikanern gegen den nordkoreanischen Aggressor vereinen können.

Südkorea wird nach der Amtsenthebung Präsidentin Parks zurzeit von einer Übergangsregierung regiert. Diese hatte nach jüngst erfolgten Raketentests Pjöngjangs die Aufstellung des amerikanischen THAAD-Systems vorangetrieben. Vergangene Jahre haben gezeigt, dass nordkoreanische Aggressionen regelmäßig den Konservativen in die Hände gespielt haben. Diese stehen für eine Isolationspolitik und eine aggressive Haltung gegen Kim Jong-Uns Regierung sowie für eine gemeinsame Linie mit den Amerikanern.

Aber nun zeichnet sich eine Trendwende ab. Das Volk Südkoreas will einen liberalen Demokraten an der Spitze sehen, der die Bevölkerung stärker miteinbezieht. Ein solcher würde sich gegenüber dem Norden an einer Konfliktlösung versuchen, die abseits von Washingtons Militärgerät liegt und einen diplomatischeren Weg favorisiert. So will der favorisierte Kandidat Moon Jae-In eine Abkehr vom US-amerikanischen Diktat.

Die sich zuspitzende Konfrontation beeinträchtigt nicht nur die Stabilität zwischen Nord- und Südkorea. Das US-amerikanische Raketenabwehrsystem hat vor allem – was ungleich schwerer wiegt – die wirtschaftlichen, diplomatischen und auch kulturellen Beziehungen zwischen Südkorea und China geschädigt. Chinesische Touristen meiden das Land, koreanische Popmusik, so genannter K-Pop, ertönt nicht mehr in chinesischen Läden, der südkoreanische Konzern Lotte, der Land für das THAAD-System bereitgestellt hatte, macht nach erzwungenen Ladenschließungen in China Rekordverluste. Im Gegenzug hat China bei den Südkoreanern nun Japan als unbeliebtestes Land nach Nordkorea den Rang abgelaufen.

Bezüglich der Verhandlungen zwischen China und den USA auf der Suche nach einer Lösung für das schwelende Problem mit Nordkorea fühlen sich die Südkoreaner zudem ausgeschlossen. Ihr Einfluss auf den Nachbarn ist heute gering. Im Jahr 2016 schloss Südkorea den Industriepark in Kaesong, das letzte Refugium süd- und nordkoreanischer Zusammenarbeit, und folgte den Forderungen der Amerikaner nach Sanktionen gegen Pjöngjang. Alle diplomatischen Wege wurden dadurch abgeschnitten.

Auch Peking hat wenig Interesse, die Südkoreaner miteinzubeziehen. Der chinesische Außenminister Wang Yi schlug Rex Tillerson kürzlich einen trilateralen Dialog zwischen Washington, Peking und Pjöngjang vor. Dieser hatte bei seinem Besuch in Südkorea Seoul als einen wichtigen Partner bezeichnet. Das südkoreanische Volk hofft, nach den Neuwahlen zu einem solchen ernstzunehmenden Partner heranzuwachsen.

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