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NewsGuard: Mainstream-Journalisten zensieren über Browser-App unliebsame alternative Medien

NewsGuard: Mainstream-Journalisten zensieren über Browser-App unliebsame alternative Medien
Im Visier: anonymousnews.org und andere alternative Medien

Das StartUp-Unternehmen NewsGuard testet neuerdings Nachrichtenseiten auf ihre Qualität. Die Prüfung erfolgt dabei durch ehemalige und aktuelle Mitarbeiter von Mainstream-Medien. Wenig verwunderlich ist deshalb die Tatsache, dass bereits zahlreiche alternative Medien als unseriös eingestuft wurden, während dem Mainstream seriöses Arbeiten bescheinigt wird.

von Günther Strauß

Die Bevormundung der Bürger im Internet hat eine neue Stufe erreicht. Ein amerikanisches StartUp mit dem Namen NewsGuard (Nachrichtenwächter) hat sich dem Kampf gegen vermeintliche Fake News verschrieben. Jetzt drängt das Unternehmen auch nach Europa und hat bereits die ersten deutsche Nachrichtenseiten unter die Lupe genommen. Insgesamt werden es knapp 150 Stück sein. Die Ergebnisse überraschen nicht, wenn man einen Eindruck davon gewinnt, wer bei dieser Firma arbeitet.

Schon wenn man sich die Gründer von NewsGuard anschaut, dann ahnt man, in welche Richtung das Projekt geht. Einer von zwei Urhebern ist der jüdische Anwalt Steven Brill, der in zahlreichen Mainstream-Medien publizierte. Unter anderem schrieb er für die Huffington Post und das Time Magazine. Der andere ist der mehrere Millionen schwere US-Amerikaner Louis Gordon Crovitz.  Er ist als ehemaliger Herausgeber des Wall Street Journals ebenfalls kein unbeschriebenes Blatt und gründete selbst diverse Medienkonzerne.

Wenn Menschen, die selbst aus dem Mainstream kommen, ein Bewertungssystem für Medien auflegen, dann könnte der Verdacht aufkommen, es sollen die Systemmedien dadurch gestärkt und kritische Stimmen mundtot gemacht werden. Die bisherigen Ergebnisse der Überprüfung einiger Medien spricht für diese Theorie. Doch dazu später. Schauen wir zunächst, wie Konsumenten von Nachrichtenwebseiten über die Einordnung der Inhalte durch NewsGuard informiert werden.

Angezeigt wird den Nutzern die Bewertung über eine App im Webbrowser. Im Browser von Microsoft, Edge, ist NewsGuard seit einiger Zeit sogar bereits vorinstalliert. Nach Microsoft, so heißt es, befinde man sich mit weiteren Plattformen „in fortgeschrittenen Gesprächen“. Es scheint, als wolle man völlig automatisch so viele Nutzer wie möglich erreichen. Wer sich NewsGuard nicht aktiv selbst herunterlädt, der soll zukünftig durch Vorinstallation in den gängigen Browsern in den zweifelhaften Genuss der Einordnung einer Nachrichtenseite kommen.

So erging es etwa britischen Internetnutzern. Wer die Onlinepräsenz der reichweitenstarken und gemeinhin als seriös geltenden Daily Mail über den Microsoft-Webbrowser Edge aufrief, wurde durch ein aufpoppendes Fenster dazu ermahnt, Vorsicht walten zu lassen. Die Seite, so stand es dort auf Englisch, schaffe es nicht, „grundlegende Standards von Genauigkeit und Rechenschaftspflicht aufrechtzuerhalten“. Als ein Mitarbeiter der Mainstreamzeitung sich bei NewsGuard beschwerte, änderte man die Bewertung und machte aus der zunächst unseriösen Webpräsenz der Daily Mail kurzerhand ein seriöses Portal.

Man könnte denken, dass bei den Bewertungen subjektive Empfindungen derjenigen Journalisten einfließen, die bei NewsGuard arbeiten. Und da es sich ausnahmslos um Personen handelt, denen man eine klebrig-filzige Nähe zum Mainstream unterstellen kann, dürfte umso klarer sein, wohin die Reise bei den Bewertungen geht. Und es erklärt auch, wie die Intervention eines Mainstreamkollegen dazu führte, dass man die Bewertung der Daily Mail plötzlich zum Positiven veränderte.

Doch wer arbeitet eigentlich bei NewsGuard? Wir haben uns einmal angeschaut, wer sich dazu berufen fühlt, europäische und insbesondere deutschsprachige Nachrichtenseiten zu bewerten. Denn neuerdings hat sich das amerikanische StartUp weiter ausgebreitet und nimmt nun auch deutsche Webseiten unter die Lupe, um Lesern hierzulande zu erklären, welchen Seiten sie überhaupt Vertrauen schenken dürfen und wer angeblich übermäßig Fake News verbreitet.

Die 44-jährige Anna-Sophie Harlingist bei NewsGuard Leiterin für Europa. In ihrer Vergangenheit war sie unter anderem bei zwei deutschen Zeitungen tätig, die dem Mainstream zuzuordnen sind. Beim Tagesspiegel und der Märkischen Allgemeinen. Anhand dieser Vorgeschichte könnte der unvoreingenommene Beobachter durchaus den Eindruck gewinnen, eine seröse und objektive Bewertung könnte hier gefährdet sein. Doch es geht noch weiter.

Im Führungsteam bei NewsGuard befindet sich mit Alina Fichter eine ehemalige Autorin der Süddeutschen Zeitung und der ZEIT. Außerdem arbeitete sie als Referentin beim Bayerischen Rundfunk. Auch Fichter dürfte man somit als gut vernetzt in der Landschaft der Mainstreammedien bezeichnen können. Ob solche Menschen ihre eigenen Kollegen kritisch bewerten würden? Diese Frage werden sich an dieser Stelle wohl einige Leser stellen.

Zahlreiche weitere sogenannte freie Mitarbeiter richten zukünftig auch über das Medienangebot in Deutschland. Da wäre zum Beispiel Lea Auffarth, die unter anderem beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) gearbeitet hat. Nicolas Kristen ist mitwirkender Analyst bei NewsGuard und hat Artikel für die Wiener Zeitung und den Standard geschrieben, die man wohl ebenfalls getrost als Mainstream bezeichnen darf.

Caroline Lindekamp hat unter anderem im Handelsblatt und in der WirtschaftsWoche publiziert. Stephan Mündges arbeitet noch immer als Reporter und Redakteur des ZDF. Würde er da seinen eigenen Arbeitgeber kritisch bewerten? Dr. Florian Meißner war mehr als zehn Jahre als freiberuflicher Journalist für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten WDR und ZDF tätig. Und in dieser Art geht das alles munter weiter. Insgesamt kann man feststellen, dass sämtliche freien Mitarbeiter entweder in der Vergangenheit oder sogar noch aktiv für die Systemmedien tätig waren oder sind. Wie soll angesichts dessen ein objektives Arbeiten überhaupt möglich sein?

Damit lassen sich wohl die fatalen Bewertungen für alternative Medien wie epochtimes.de, sputniknews.com und RT Deutsch erklären. Jene Portale werden schon seit jeher der Verbreitung von Propaganda und Fake News bezichtigt. Dabei leisten vor allem alternative Nachrichtenseiten einen wichtigen Beitrag zur Information der Bürger. Was die gleichgeschalteten Massenmedien verschweigen, bringen die Alternativen ans Tageslicht. Und das passt den Meinungsmachern natürlich nicht. Deshalb werden Journalisten, die nicht dem Mainstream zugehörig sind, regelmäßig verunglimpft.

Als besonders glaubwürdig wurden hingegen etwa tagesspiegel.de, spiegel.de und bild.de eingeordnet. Angesichts der Relotius-Affäre beim SPIEGEL wundert man sich, wie das Medium noch als seriös eingeordnet werden kann. Rudolf Augstein würde ohnehin im Grabe rotieren, wenn er wüsste, was aus seinem einst wahrlich investigativen und seriösen Blatt geworden ist. Wie die vom amerikanischen Geheimdienst CIA gegründete BILD zu einer TOP-Bewertung kommen kann, ist ebenfalls fraglich. Allein über die Skandale der letzten Jahre, angefangen von Beleidigungen und Falschbehauptungen, bis hin zu weiteren schwerwiegenden Verstößen gegen den Pressekodex könnte man ein Buch schreiben. Wahlwerbung für etablierte Parteien durch das angeblich überparteiliche Medium kommen dazu.

Beim Tagesspiegel sieht es nicht sehr viel besser aus. Ein Beispiel aus der jüngeren Geschichte: Am 29.08.2018 berichtete der Tagesspiegel online: „Chemnitz wurde zwei Abende in Folge von Gewalt erschüttert. Tausende rechte Demonstranten machten am Montagabend Jagd auf Migranten, Journalisten und Gegendemonstranten”. Gegen diese Falschbehauptung hatte sich ein Dresdner Bürger erfolgreich zur Wehr gesetzt. Der Beschwerdeausschuss des Presserates kam mit Entscheidung vom 06.12.2018 zu dem Ergebnis, dass Tagesspiegel online mit der streitgegenständlichen Veröffentlichung gegen die journalistische Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex verstoßen hat. Weil jedoch auch Merkel an den frei erfundenen Hetzjagden festhielt, weigerte sich zunächst auch der Tagesspiegel, die offensichtlich falsche Berichterstattung einzugestehen. Erst später wurden die Fake News kleinlaut korrigiert.

Man darf die Arbeit von NewsGuard also durchaus in Frage stellen. Es wird nämlich noch kurioser. Webseiten, deren Betreiber diese Art der Bevormundung der Leser und der Bewertung durch Mainstreamjournalisten in Frage stellen bzw. kritisch sehen, werden automatisch schlechter bewertet als solche, die mit dieser Verfahrensweise einverstanden sind. Allein dies sollte Anlass zur Kritik sein. Freilich wird ein Mainstreamjournalist kein Problem damit haben, dass sein Portal von einem Kollegen positiv bewertet wird. Wer sich aber in den Reihen der alternativen Medien tummelt, der weiß bereits vor einer Überprüfung, wie das Ergebnis aussehen wird. NewsGuard will Webseitenbetreiber regelrecht zwingen, die Prüfung über sich ergehen zu lassen. Sehr demokratisch wirkt das nicht.

Die Redakteure von NewsGuard bewerten die Nachrichtenportale nach neun Qualitätskriterien, die in Glaubwürdigkeit sowie Transparenz eingeteilt sind und eine unterschiedliche Gewichtung haben. Die wichtigsten sind laut Angaben des Branchendienstes Meedia folgende:

  • Es werden nicht regelmäßig Falschinformationen veröffentlicht
  • Es gibt eine klare Unterscheidung zwischen Nachricht und Meinung
  • Unterlaufene Fehler werden regelmäßig richtiggestellt
  • Irreführende Überschriften werden vermieden
  • Werbung wird als solche gekennzeichnet
  • Eigentumsverhältnisse und Finanzierung werden veröffentlicht

Beim Thema Falschinformationen dürften die meisten Mainstreammedien unter normalen Umständen schon durchfallen. Wie oft wurden systematische Lügen und Fake News der Systempresse bereits aufgedeckt! Doch man ahnt es bereits, dass dieses Kriterium für gleichgeschaltete Staatsmedien nicht zu gelten scheint. Ebenso verhält es sich mit dem zweiten Punkt. Leider berichten die zwangsfinanzierten Medien in der BRD zumeist tendenziös. Das beste Beispiel dafür ist die AfD. Eine Partei, die sich auf legaler Basis im demokratischen Parteienspektrum bewegt, wird in Funk und Fernsehen oftmals mindestens als rechtspopulistisch bezeichnet – ein als deutliche Abwertung zu verstehendes Adjektiv. Ziel ist es, damit die Partei als unwählbar für die Bürger darzustellen. Objektiver Journalismus geht anders.

Auch eine Richtigstellung von „Fehlern“ erfolgt in den Systemmedien im Regelfall nur dann, wenn ein Betroffener einen Anwalt konsultiert, um gegen eine Falschbehauptung vorzugehen oder der Druck von außen zu groß wird, weil die Lüge entlarvt wurde. Ein schwerwiegender Punkt, der bisweilen vielen Medien Probleme bereiten würde, wenn er konsequent umgesetzt würde, ist der der Veröffentlichung von Eigentumsverhältnissen und Finanzierungen. Viele Bürger wissen nicht, dass etwa ihre lokale Tageszeitung zum Medien-Imperium der SPD gehört. Doch die SPD ist längst nicht die einzige Partei, die Zeitungen kontrolliert. Diese Art des Einflussnehmens ist in der Bundesrepublik an der Tagesordnung – der Bürger erfährt davon allerdings nur in den seltensten Fällen.

Was hingegen die Kennzeichnung von Werbung mit der Glaubwürdigkeit einer Webseite bezüglich ihrer Inhalte zu tun haben soll, ist eher fraglich. Berichtet ein Medium automatisch falsch, wenn Werbung nicht gekennzeichnet wird? Das eine hat mit dem anderen im Regelfall rein gar nichts zu tun. Die Frage, ob eine Überschrift etwa irreführend ist, lässt sich im besten Fall auch nur subjektiv beantworten. Was für den einen klar verständlich ist, erscheint anderen Lesern unklar. Es gibt kein Messinstrument für irreführende Überschriften, weshalb diese Bewertung nicht objektiv erfolgen kann.

Wir sehen also, dass NewsGuard allenfalls ein Instrument ist, um Bürgern das Denken abzunehmen und ihnen zu sagen, welche Webseiten sie besuchen sollen und welche nicht. Dass sie dabei vor alternativen Angeboten gewarnt und dem Mainstream zugeführt werden sollen, ist nicht nur perfide, sondern angesichts des verloren gegangenen Vertrauens der Menschen in die Systempresse auch lächerlich. Aufgewachte Bürger werden sich wohl kaum vor einem Warnhinweis irritieren lassen. Doch leider gibt es noch genügend Menschen, die solcherlei Propaganda auf den Leim gehen.

Die gezielte Agitation und Irreführung von Medienkonsumenten scheint indes eine kostspielige Angelegenheit zu sein. In einer ersten Finanzierungsrunde für das Projekt wurden über sechs Millionen Dollar eingesammelt, eine zweite werde folgen, sagte NewsGuard-Gründer Steven Brill. Von den bewerteten Homepages wird laut seiner Aussage allerdings kein Geld genommen, Einnahmen werden von Technologieunternehmen wie Plattformen und Suchmaschinen erzielt, wenn sie in die Lizenzierung der Bewertungen investieren. Microsoft zahlt für die Installation des Tools in seinem Betriebssystem Edge. Weitere Partner sind unter anderem das „Center for News Literacy“ – ein staatliches Modell, dass Schülern systemkonforme Medienkompetenz vermitteln will, sowie die „National Association For Media Literacy Education” – das nationale Zentrum für Medienkompetenz und Erziehung in den USA. Sie ahnen bereits, wohin die Reise angesichts derartiger Partner nur gehen kann.

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