Deutschland

Rote Wölfin im Schafspelz: Linken-Chefin Janine Wissler fordert eine Räterepublik

Rote Wölfin im Schafspelz: Linken-Chefin Janine Wissler fordert eine Räterepublik
Janine Wissler, Vorsitzende Linkspartei

Janine Wissler, die Vorsitzende der Linken, lässt keinen Zweifel daran, worum es ihrer Partei eigentlich konkret geht. In einem Interview erklärte sie nun freimütig, dass man Deutschland nach der Bundestagswahl 2021 am liebsten in eine Räterepublik verwandeln würde.

von Klaus-Rüdiger Mai

Wenn es nach der Vorsitzenden der Partei der Linken geht, dann kommt ab Herbst 2021 so etwas wie die deutsche Räterepublik. Dafür tritt die Vorsitzende der Linken, Janine Wissler, anscheinend ein. Dem Deutschlandfunk gegenüber empörte sie sich in einem Interview darüber, dass „über viele Fragen, die unser aller Leben betreffen, nicht in demokratischen Parlamenten entschieden wird, sondern in Konzernzentralen.“ Wisslers Antwort auf die Nachfrage, ob stattdessen in einer Rätedemokratie darüber entschieden werden, also alles sozusagen in Staatseigentum überführt werden soll, lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.

Anstatt zu dementieren, dass die Linke die pluralistische Demokratie in eine Rätedemokratie verwandeln will, definiert sie hingegen die neue Räterepublik. Sie prangert an, dass „in Konzernzentralen nicht gewählte Menschen darüber entscheiden, wie zum Beispiel die Produktion von Impfstoffen läuft.“ Wie stellt sich Wissler das eigentlich vor, wenn „gewählte Menschen“, die bspw. Politikwissenschaftler, Studenten der Sozialwissenschaften, Redakteure der taz sind, über die Produktion von Impfstoff entscheiden sollen?

Nach welcher betriebswirtschaftlichen Erfahrung, auf welcher professionellen Grundlage fällen sie Entscheidungen? Nach Gefühlslage, Klassenstandpunkt oder modern gesagt: nach Haltung? Sicherlich werden dann lange Diskussionen gendergerecht, antidiskriminierend, politisch korrekt, vollkommen woke geführt werden, nur es wird dabei und dadurch nicht eine Dose Impfstoff produziert. Glaubt Wissler, wenn sie die Patente freigibt, dass dann auch nur ein Patent noch angemeldet wird? Denkt sie wirklich, dass wir ohne Patentschutz Impfstoffe hätten?

Auch „die Frage über Wohnraum oder Krankenhäuser … wird vielfach in privaten Konzernen entschieden“. Welche „Frage“ Wissler meint, bleibt zwar im Unklaren, doch bitte keine Details: wir sind Kommunisten und Menschheitsbeglücker. Wichtig ist nur, dass die privaten Konzerne zu staatlichen Konzernen umgewandelt werden müssen. Wissler betonte auf die lästige Frage nach dem Erbe der SED-Diktatur, dass die Linke die meisten Neueintritte und Wähler unter 35-Jährigen hat. Diesen Wählern sei gesagt, Wisslers staatliche Konzerne hießen in der DDR Kombinate.

Dass es Wissler durchaus ernst meint mit der Verstaatlichung, beweist ihr Hinweis auf den „Sozialisierungsartikel“ der Hessischen Verfassung, der erlaube, bestimmte „Schlüsselindustrien sofort in die öffentliche Hand“ zu übernehmen. Und dann bekennt sich Wissler doch zur Rätedemokratie, denn sie findet es nicht „unspannend, sich anzuschauen, was die Bayerische Räterepublik“ an demokratischen Möglichkeiten bot. Beispielsweise die Erschießung von Geiseln am 30. April 1919 im Hof des Luitpold-Gymnasiums?

Für die Linken-Chefin kann es „nicht das höchste Stadium der Demokratie sein, dass man einfach alle vier Jahre ein Parlament wählt.“ Das haben Lenin und Trotzki schon gesagt, deshalb haben sie die bürgerliche Demokratie durch die Diktatur des Proletariats als Höhepunkt der Demokratie ersetzt. Ulbrichts Demokratieverständnis mündete in die Maxime, es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen die Macht haben. Nachdem auch mit terroristischen Mitteln die Entwicklung einer bürgerlichen Demokratie in Ostdeutschland zwischen 1945 und 1949 im Schutz russischer Panzer und durch die Tatkraft des sowjetischen Staatsicherheitsdienstes verhindert wurde, blieb die Machtfrage auch für Ulbricht und Honecker das Alpha und Omega. Auch für Janine Wissler, die dem trotzkistischen Netzwerk Marx21 angehörte, von dem sie sich nicht distanziert, bleibt die Machtfrage die entscheidende. Sie will die Gesellschaft verändern. „Und über die Frage müssen wir reden, wenn es nach der Bundestagswahl eine rechnerische Mehrheit gibt für SPD, Grüne und Linke.“

Mit der Arbeit der Ämter für Verfassungsschutz ist sie unzufrieden, sie seien für sie nicht der Maßstab. Wahrscheinlich fehlen ihr beim Verfassungsschutz die eindeutigen Zielvorgaben des Ministeriums für Staatssicherheit. Auch darüber wird sie sicher in einer grünrotdunkelroten Koalition reden müssen. Im Grunde braucht Wissler sich nicht um eine neue „Utopie“, „wie eine sehr viel demokratischere Gesellschaft aussehen kann“, zu bemühen, sie muss nur einen Blick in die Vergangenheit werfen: „Vorwärts Genossen, wir müssen zurück – und mit uns das ganze Land.

Wisslers Schlüsselbegriffe sind im Interview die altbekannten: Räterepublik und Vergesellschaftung, was im Grunde Diktatur, Enteignung und Verstaatlichung heißt. Wenn die politische Richtung stimmt, hat sich die Realität danach zu richten. Robert Habeck jubelte einst bei Plasberg, dass man aus ethischen Motiven eine ganze Wirtschaft herunterfahren kann. Was daran ethisch sein soll, Unternehmer, Gewerbetreibende, Einzelhändler, Künstler in den Ruin zu treiben, aber nicht nur die, sondern auch die vielen deren Kurzarbeitergeld nicht ausreicht, die Kredite zu bedienen, erschließt sich mir nicht.

Doch Janine Wissler geht noch einen Schritt weiter als ihr möglicher Koalitionspartner in spe, sie möchte sogar „nicht dringend notwendige Produktion ein paar Tage“ stilllegen, „um die Infektionsketten zu brechen.“ Sie behauptet: „Wir haben viele Menschen in diesem Land, die ganz normal zur Arbeit gehen, die jeden Tag in Großraumbüros fahren, in Call-Zentren, in Fertigungshallen. Und dort finden Infektionen statt.“ Laut RKI ereignen sich jedoch die meisten Infektionen eben nicht „in „Großraumbüros“, „in Call-Zentren, in Fertigungshallen“, sondern im häuslichem Umfeld und in Alten- und Pflegeheimen. Was den häuslichen Bereich betrifft, weist der Tagesspiegel auf eine Studie hin, nach der die Infektionsraten in Einwanderervierteln deutlich höher wären.

Die Tagesschau berichtet: „Die „Bild“-Zeitung zitierte dazu RKI-Präsident Lothar Wieler aus einem nicht-öffentlichen Gespräch. Dabei soll er gesagt haben, dass Muslime einen Anteil von 4,8 Prozent an der Bevölkerung hätten, auf den Intensivstationen betrage ihr Anteil aber 50 Prozent. Auf Anfrage dazu lässt Wieler mitteilen, die Aussage sei „aus dem Zusammenhang gerissen“ und habe sich auf Schilderungen aus drei Intensivstationen bezogen. Generell lägen dem RKI „keine Informationen zu einem etwaigen Migrationshintergrund“ der Infizierten vor.“

Zur Berliner Situation schreibt der Tagesspiegel über eine Studie des Berliner Senats: „Die Infektionsraten sind in Einwanderervierteln deutlich höher. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine umfangreiche Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).“ Weiter schreibt der Tagesspiegel über Berlin: „Insbesondere Patienten, meist seien es Männer, aus „Großfamilien“ seien wegen Covid-19 in Behandlung. Oft sprächen sie Arabisch, auch Türkisch oder Serbokroatisch. Ab und zu habe es Streit mit Angehörigen gegeben, die sich nicht mit dem Besuchsverbot abfinden wollten, berichten Vivantes-Pflegekräfte … Und auch zur Wirkung des Faktors Migrationsgeschichte auf das Infektionsgeschehen traf die Studie eine Aussage: Die Covid-19-Inzidenz sei „positiv assoziiert“ mit dem Anteil der Einwohner mit Einwanderungsgeschichte sowie mit dem Anteil der Nicht-EU-Ausländer, erklärte die Gesundheitsverwaltung.“ Die Studie des Senats stellt fest, dass „Faktoren wie Einkommen, Wohnstandard und Herkunft“ das Infektionsgeschehen beeinflussen. Immer wieder hört man einen Hinweis darauf, dass bestimmte Milieus nicht von den deutschen Medien erreicht werden. Aus diesem Grund wird beispielsweise in Berlin Neukölln ein mehrsprachiges Team zusammengestellt, um in enger Zusammenarbeit mit Moscheen und anderen Religionsgemeinschaften die Bevölkerung zu beraten.

Da aber nicht sein kann, was nicht sein darf, behauptet die Vorsitzende der Linken, dass die Mehrzahl der Infektionen sich im Arbeitsalltag ereignen und will deshalb die Produktion herunterfahren. Dass sie damit einen Zusammenbruch der Volkswirtschaft riskiert, kann ihr nicht bewusst sein, denn für die Linken ist Wirtschaft nur Wille und Vorstellung, das notwendige Übel, der Reaktionär, der sich linken Weltverbesserungsträumen widersetzt.

Ein Teil des Desasters in der Pandemie liegt auch daran, dass aus Gründen der Ideologie, der Identitätspolitik, des Antirassismus etc. man anscheinend das wirkliche Infektionsgeschehen nicht untersucht, um sich nicht ideologischen Vorwürfen auszusetzen. So moniert die Tagesschau: „NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ haben alle Gesundheitsministerien in Deutschland gefragt, welche Erkenntnisse sie zum sozialen Status der Corona-Infizierten haben, wie groß die Haushalte sind, wie hoch das Einkommen ist, wie häufig sie einen Migrationshintergrund haben. 14 von 16 Bundesländern konnten keine dieser Fragen beantworten. Brandenburg teilte zum Beispiel mit: „Diese Daten liegen der Landesregierung nicht vor, weil sie nicht erhoben werden.“ Rheinland-Pfalz schrieb: „Diese Daten haben wir nicht.“ Sachsen teilte mit: „Zur sozialen Herkunft liegen uns keine Daten vor“ – und Thüringen schrieb: „Auch dazu haben wir keine Erkenntnisse.“ Nordrhein-Westfalen antwortete als einziges Bundesland gar nicht.“

Es geht nicht um Ideologie, sondern um Realismus. Es ist auch nicht neu, dass soziale oder kulturelle Verhältnisse in der Ausbreitung von Epidemien eine große Rolle spielen, denn ohne Gesellschaften, Gesellungen oder Freizügigkeit, durch Reisen oder soziales Leben würden keine Epidemien entstehen. Sie sind der Preis unserer Kultur. Nichts von unserer Kultur darf verschwinden. Deshalb benötigen wir adäquate Maßnahmen. Die Produktion einzustellen, ist mit Sicherheit eine falsche Maßnahme, die so sinnvoll ist, wie der Bau von Dämmen in Österreich gegen das Hochwasser an der Nordsee.

Man könnte die Linke mit ihrer überschwänglichen Liebe zur Utopie für eine Traumtänzerin halten, nur dass der Traum zum Albtraum werden kann. Es ist nicht mehr auszuschließen, dass Janine Wissler Wirtschaftsministerin wird und „gewählte Menschen“ die Produktion bestimmen und leiten nach den Vorgaben der Partei.

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