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Bitcoin: Totgesagte leben länger

Bitcoin: Totgesagte leben länger
Bitcoin: Spekulationsobjekt oder seriöse Anlage?

Von der Tagesschau, über die Süddeutsche bis zur TAZ wurde der Bitcoin schon mehr als einmal abgeschrieben. Die EU bekämpft ihn. Trotzdem kam der digitale Währung nach Kursverlusten immer wieder stärker zurück. Nun markiert er ein neues Allzeithoch.

von Jonas Aston

Als „Bitcoin-Seifenblase“ bezeichnete die Tagesschau die Kursentwicklung um die Kryptowährung vor rund einem Jahr. Zu dem damaligen Zeitpunkt war der Bitcoin von seinem Allzeithoch aus gesehen um weit über 70 Prozent im Minus. Dabei steht die Tagesschau mit ihrem Pessimismus gegenüber der Kryptowährung längst nicht alleine da. Die TAZ oder die Süddeutsche Zeitung sprechen bei der Kryptowährung etwa von einer „Blase“. Breite der Teile Medienlandschaft suggerieren immer wieder, dass es sich bei dem Bitcoin nur um einen kurzfristigen Hype und im Kern um eine Geldvernichtungsmaschine handelt.

Und doch ist erstaunlich, wie es der Bitcoin wegen neuer Allzeithochs immer wieder auf die Titelblätter schafft. Größere Aufmerksamkeit erregte der Bitcoin erstmal 2017. Innerhalb eines Jahres steigerte die Kryptowährung ihren Wert um mehr als das 14-Fache von 998,05 Dollar auf 14.093,61 Dollar. Die Zwillinge Cameron und Tyler Winklevoss wurden damals als die ersten Bitcoin-Milliardäre bekannt. 2018 fiel der Kurs wieder und medial wurde damals das Ende des Hypes um den Bitcoin prophezeit.

Doch erfüllt hat sich diese Vorhersage nie. Spätestens seit 2017 sind drastische Kursanstiege beim Bitcoin ein wiederkehrendes Phänomen. Im März 2021 knackte man die 60.000 US-Dollar-Marke, im November 2021 stieg der Kurs sogar auf über 64.000 Dollar. Nachdem in den folgenden zwei Jahren der Wert von Bitcoin sank, wurde mal wieder das Ende der Kryptowährung ausgerufen. Nun hat der Bitcoin ein neues Allzeithoch erreicht und notiert inzwischen bei über 70.000 US-Dollar.

Vom Spekulationsobjekt zur seriösen Anlage

Der Bitcoin hat in dieser Zeit einen deutlichen Wandel durchgemacht. Lange galt die Kryptowährung als Spekulationsobjekt für abgedrehte Tech-Nerds. Inzwischen mutiert der Bitcoin zu einem immer angeseheneren Anlageobjekt. Rechnet man den Wert aller Bitcoin zusammen, kommt man aktuell auf über 1,4 Billionen US-Dollar. Nicht ein einziger Dax-Konzern kommt auch nur in die Nähe des gegenwärtigen Wertes von Bitcoin.

SAP, Deutschlands wertvollstes Unternehmen, kommt zurzeit etwa auf eine Marktkapitalisierung von gut 230 Milliarden Dollar.  Lediglich Saudi Aramco, Gold und die US-Tech-Giganten Microsoft, Apple, Nvidia, Amazon und Alphabet haben noch einen höheren Börsenwert als der Bitcoin. Selbst Silber hat die Kryptowährung hinter sich gelassen.

Derzeit wird der Bitcoin-Preis im Wesentlichen von zwei Faktoren getragen. Im Januar wurde der erste Bitcoin-ETF von der amerikanischen Finanzaufsichtsbehörde zugelassen. Weitere folgten inzwischen. Es können nun also Fonds bespart werden, die wiederum ihr Kapital in Kryptowährungen investieren. Ein Vorteil für die Anleger ist hier auch, dass man sich nun nicht einmal mehr bei Krypto-Börsen anmelden muss.

Der Bitcoin: Begrenzt und dezentral

Zum anderen steht im April das sogenannte „Bitcoin-Halving“ bevor. Ebenso wie Gold wird auch Bitcoin (elektronisch) „geschürft“. Für das „Mining“ von Bitcoin müssen Computernetzwerke kryptografische Aufgaben lösen, um im Anschluss neue Bitcoin zu erhalten. Am „Halving-Day“ halbiert sich die Anzahl der Bitcoin die man pro gelöste Aufgabe erhält. In den vergangenen Jahren (2012, 2016, 2020) sorgte dieses Event in der Folge für steigende Kurse. 2140 wird voraussichtlich der letzte Bitcoin geschürft werden.

Insgesamt ist der Bitcoin nämlich auf 21 Millionen Einheiten begrenzt. Dies ist ein maßgeblicher Punkt, weshalb der Bitcoin bei Anlegern so beliebt ist. Anders als der Euro oder Dollar kann der Wert von Bitcoins nicht künstlich durch das Gelddrucken einer Zentralbank verringert werden.

Das von der EU-Kommission vorangetriebene Projekt des digitalen Euro kann auch als eine Reaktion auf den Aufstieg des Bitcoins gesehen werden. Aktuell ist der Bitcoin fast ausschließlich ein Investitionsobjekt. Der eigentliche Sinn des Bitcoins war es jedoch als Zahlungsmittel zu fungieren.

Mit dem digitalen Euro will die EZB auf den Zug der digitalen Währungen aufspringen. Der Bitcoin ist jedoch eine nicht-staatliche Währung und steht außerhalb der Kontrolle von Zentralbanken. Überzeugte Bitcoin-Anleger wird die EZB mit ihren Plänen also kaum überzeugen können, da diese gerade wegen des dezentralen Charakters in Bitcoin investieren.

Der Aufstieg des Bitcoins als tatsächliches Zahlungsmittel könnte durch den digitalen Euro indirekt dennoch erschwert werden. Da die EZB nicht pleitegehen kann, gibt es für Bürger einen gewissen Anreiz Geld in digitalen Euros zu halten. Die Etablierung des Bitcoins als Zahlungsmittel (was aktuell ohnehin noch sehr weit weg erscheint) ist damit weiter erschwert und die EZB kann ihr faktisches Monopol auf das Geld stärken.

Das „digitale Gold“

Doch auch wenn der Bitcoin sich nicht als im Wirtschaftsverkehr anerkannte Währung etabliert, liegt möglicherweise dennoch Potenzial im Bitcoin. Steve Wozniak, Mitgründer von Apple, bezeichnete den Bitcoin als „einziges digitales Gold“. Hier wird immer wieder darauf verwiesen, dass beide Objekte endlich sind. Die „Endlichkeit“ von Bitcoin ist dabei sogar noch stärker als die von Gold, da die Kryptowährung auf 21 Millionen Einheiten festgelegt ist, aber noch mehr als die aktuell bestehend 190.000 Tonnen Gold gefördert werden kann. Zudem zeigte sich in der (jüngeren) Vergangenheit, dass Anleger gerade in Krisenzeiten (wie etwa bei Corona) in Gold und Bitcoin flüchten.

Der Bitcoin-Preis ist jedoch wesentlich volatiler als der Wert von Gold. Hierbei gilt es aber auch zu Bedenken, dass der Bitcoin erst seit 2009 existiert und sich die Schwankungen mit zunehmend höherer Marktkapitalisierung schon jetzt erheblich verringert haben. Bitcoin aber schon jetzt zum neuen „Gold“ zu erklären, erscheint dennoch verfrüht.

Gold hat sich inzwischen seit fast 3.000 Jahren als sichere Wertanlage etabliert. Zudem kann Schmuck physisch gelagert werden und hat einen (wenn auch begrenzten) industriellen Nutzen. So wird Gold etwa in der Elektronik oder in der Medizintechnik verwendet. Der Bitcoin hingegen hat keinerlei physischen Nutzen und steckt erst in den Kinderschuhen seiner Entwicklung.

Die Kryptowährung als bloßen „Hype“ abzutun, ist aber ebenso verfehlt. Die Entwicklung hin zum „digitalen Gold“ ist keineswegs ausgeschlossen. Dass der Bitcoin digital und dezentralisiert ist, hat eben auch den Vorteil, dass Bitcoins nicht physisch geraubt und auch nicht ohne weiteres durch einen übergriffigen Staat enteignet werden können. Zudem hat der Bitcoin Währungen wie dem Euro oder dem Dollar gegenüber einen entscheidenden Vorteil: Sein Wert kann nicht einfach durch das Gelddrucken einer Zentralbank verwässert werden.

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