Deutschland

Korruption aufgeflogen: Stolpert Lauterbach über die Impfkampagne?

Korruption aufgeflogen: Stolpert Lauterbach über die Impfkampagne?
Es geht um 44,8 Millionen Euro: Neuer Corona-Vorwurf gegen Gesundheitsminister Karl Lauterbach

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kommt unter immer mehr Druck: Die Korruptionsaffäre rund die Auftragsvergabe der Impfkampagne „Ich schütze mich“ an die SPD-nahe Agentur BrinkertLück spitzt sich zu und könnte für ihn nun tatsächlich gefährlich werden.

von Henry Albrecht

Ein neuer Skandal brennt inmitten des politischen Berlins. Im Zentrum Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Wegen der unrechtmäßigen Vergabe der Impfkampagne „Ich schütze mich“ wurde Lauterbach nun sogar angezeigt. Was noch als eine kleine Klüngel-Affäre dargestellt wird, könnte für ihn gefährlich werden: Lauterbach wird vorgeworfen, geltendes Recht gebrochen zuhaben, und trotz eines Rahmenvertrags mit der Werbeagentur Scholz & Friends, die SPD-Nahe Werbeagentur BrinkertLück mit der bundesweiten Impfkampagne „Ich schütze mich“ beauftragt zu haben. In dieser Kampagne traten 84 Bürger in Fernsehspots und auf Plakaten auf, um für Maßnahmen zum Infektionsschutz und für Corona-Impfstoffe zu werben.

Die Strafanzeige gegen Lauterbach erstatte der Linken-Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann. Im Zentrum des Vorwurfs stehen die Delikte Untreue und Korruption. Das Budget der Kampagne lag bei 32 Millionen Euro. Da allerdings die kreative Entwicklung der Kampagne „von der Agentur BrinkertLück und von Herrn Brinkert selbst entwickelt worden ist“, wie Lauterbach auf einer Pressekonferenz im Oktober 2022 erklärte, entstanden Kosten von weiteren 700.000 Euro.

Wenn eine Bundesbehörde beabsichtigt, einen Dienstleistungsauftrag zu erteilen, dessen Netto-Wert 140.000 Euro übersteigt, erfordert das derzeitige EU-Vergaberecht in der Regel eine Ausschreibung auf europäischer Ebene. Dies ist im Fall BrinkertLück nicht erfolgt.

Die SPD von heute wäre wohl ohne Brinkert selbst nicht dort, wo sie heute steht. Nach dem Brinkerts Agentur 2019 noch den Europawahlkampf der CDU konzipierte, wechselte Brinkert das politische Lager. Seit dem Bundestagswahlkampf gestaltet BrinkertLück alle großen Kampagnen der SPD. Auf X (vormals Twitter) teilt Brinkert regelmäßig Beiträge der SPD.

Die Vergabe der Kampagne an Brinkerts Agentur sorgte bereits im November 2022, kurz nach Bekanntwerden, für Unmut bei der Opposition. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Matthias Hauer stellte eine Anfrage an das Bundesministerium für Gesundheit, um den Grund der Vergabe an BrinkertLück zu erfragen.

Denn schließlich stand das BMG mit Scholz & Friends bereits in einem Vertragsverhältnis. Daraufhin erklärte das BMG: „Aufgrund der stetigen Veränderungen der Corona-Lage sind die Anforderungen an die COVID-19-Kommunikation heute wesentlich komplexer.“ Die Informationsarbeit über die Covid-Impfung sei nach wie vor ein „zentrales Element“, aber man müsse auch weiterhin andere Schutzmaßnahmen bewerben.

Die Agentur Scholz & Friends hatte daher weiterhin die „Gewährleistung der Kommunikationsinfrastruktur, im Zusammenhang mit dem Betrieb der Website sowie zur Konzeption und Realisierung des ,Faktenboosters‘“ inne. Grundlage dafür sei der mit Scholz & Friends geschlossene Rahmenvertrag. „Für die Kampagne ‚Ich schütze mich‘ wurde die Agentur brinkerlück creatives zusätzlich für den Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. Dezember 2022 auf der Basis des genannten Rahmenvertrags als Subunternehmer hinzugezogen“, heißt es weiter.

Bundesrechnungshof schließt sich Kritik von Opposition an

Die gesamte Affäre gewann Ende März dieses Jahres nun wieder an Fahrt, nachdem der Bundesrechnungshof das BMG wegen Verstößen gegen die Vergaberegeln und den Schutz vertraulicher Informationen gerügt hatte. In einem Bericht des Gremiums vom 25. März hieß es, dass die Beauftragung einer anderen Agentur anstelle der bisherigen Hausagentur für die Corona-Impfkampagne gegen das Wettbewerbsrecht verstieß.

Eine rechtmäßige Vergabe an BrinkertLück hätte möglicherweise nur dann bestanden, wenn der Rahmenvertrag zwischen dem Ministerium und seiner bisherigen Hauptagentur Scholz & Friends eine Klausel enthalten hätte, die es dem Ministerium erlaubt hätte, eigenständig einen Subunternehmer zu wählen.

Der Bundesrechnungshof konnte jedoch „keinen Nachweis für eine Beauftragung des Konkurrenten durch die bisherige Hauptagentur finden“, was als Verstoß gegen die Vergaberichtlinien gilt. Des Weiteren bemängelt der Bundesrechnungshof, dass „das BMG einen Großteil der vergaberechtlich relevanten Unterlagen als Verschlusssache (VS), des Geheimhaltungsgrads VS-VERTRAULICH nach der Verschlusssachenanweisung (VSA) einstufte. Zugang besaßen damit nur Personen, die sich einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen hatten“. Ziel war es offenbar, die Offenlegung dieser Vorgänge zu verhindern.

Die Situation erreichte einen kuriosen Höhepunkt, als das Ministerium gezwungen war, aufgrund zunehmenden Drucks aus der Opposition, Mitgliedern des entsprechenden Ausschusses in einem abhörsicheren Raum Einblick in die relevanten Dokumente zu gewähren. Jedoch lieferte die Durchsicht der Unterlagen keinen Beweis für eine Weitervergabe an BrinkertLück oder für eine vorherige Ausschreibung.

Aufgrund dieser Rüge durch den Rechnungshof erstatte dann Pellmann die Strafanzeige gegen Lauterbach. Das BMG und argumentiert jetzt, dass die Zusammenarbeit mit BrinkertLück in mündlicher Absprache mit Scholz & Friends erfolgte. Dieser Schritt sei somit im Einklang mit den vergabe- und vertragsrechtlichen Bestimmungen.

Nach der Anzeige des Linken-MdBs kommt jetzt auch Kritik von den Grünen: Paula Piechotta, Berichterstatterin der Grünen im Haushaltsausschuss, attackiert jetzt etwa Lauterbachs Impfkampagne – nicht nur die Vergabe als auch den Inhalt. Im Haushaltsausschuss habe man „mehrfach auf eine notwendige Evaluation“ bestanden. „Einwandfreie Vergabeverfahren, Evaluationen und transparente Prozesse sind unabdingbar, um mit dem Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger optimale und effiziente Maßnahmen umzusetzen“, mahnt Piechotta, wie die Welt berichtet.

Für Lauterbach könnte es jetzt jedenfalls eng werden: Gegner hat er sich mit seiner Politik in den letzten Jahren viele gemacht, trotzdem ist er im Amt geblieben. Ein Korruptionsskandal könnte ihm da aber zum Verhängnis werden, denn der dreht sich nicht um eines seiner politischen Projekte, sondern seine Amtsführung und Integrität. Und hier könnten einige die Chance sehen, ihn aus dem Amt zu drängen.

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